UniCredit stockt trotz Verkaufstopps beim Bund Commerzbank-Beteiligung weiter auf
Obwohl der Bund keine weiteren Commerzbank-Aktien mehr verkauft, ist die italienische UniCredit dabei, ihre Beteiligung noch weiter aufzustocken. Mit dem Kauf von Finanzinstrumenten erhöhte das Institut seinen rechnerischen Anteil von 9,2 Prozent auf rund 21 Prozent. Um den Anteil auf mehr als 10 Prozent zu erhöhen, ist allerdings die Genehmigung der Europäischen Zentralbank (EZB) erforderlich. Der entsprechende Antrag wurde bereits eingereicht, die Genehmigung aber noch nicht erteilt.
Stabiles und ertragsstarkes Institut
Der zuständige Lenkungsausschuss in Berlin hat beschlossen, die Beteiligung des Bundes an der Commerzbank bis auf weiteres aufrechtzuerhalten. Die Commerzbank AG ist ein stabiles und ertragsstarkes Institut, dessen Strategie auf Eigenständigkeit ausgerichtet ist. Der Bund wird deshalb vorerst keine weiteren Aktienpakete abstoßen und seine Beteiligung aufrechterhalten.
Der Bund ist seit der Finanzkrise der größte Commerzbank-Aktionär. Da die Bank aber mittlerweile wieder gefestigt ist, begann er vor wenigen Tagen, seine Anteile zu verkaufen. Diesen allmählichen Ausstieg nutzte die UniCredit, um überraschend im großen Stil bei dem DAX-Konzern einzusteigen. Die Italiener hielten danach einen Anteil von knapp 9,2 Prozent der Aktien, der Bund von 12 Prozent.
Beschleunigtes Orderbuch-Verfahren
4,49 Prozent der Anteile wurden vom Bund am 10. September in einem beschleunigten Orderbuch-Verfahren veräußert. Das Bundesfinanzministerium erklärte, dass alle Interessenten gleich behandelt wurden – so wie es das europäische Beihilferecht verlangt. Zu Beginn des Auktionsverfahrens sah es so aus, als würden mehrere Käufer zum Zuge kommen, doch letzten Endes erhielt die UniCredit alle zum Verkauf stehenden Anteile, da die italienische Bank ein deutlich höheres Angebot als alle anderen Mitbewerber abgegeben hatte.
Der Zuteilungspreis betrug 13,20 Euro je Aktie. Damit lag er 60 Cent über dem Wert der Anteilsscheine zum Handelsschluss am 10. September. Der Bund erzielte durch den Verkauf einen Erlös von 702 Millionen Euro. Erst nach dem Zuschlag an UniCredit sickerte durch, dass sich die italienische Großbank zusätzliche 4,7 Prozent der Commerzbank-Aktien an der Börse gesichert hatte, einen Teil davon über derivative Finanzinstrumente. Der Aktienkauf war bis dahin verborgen geblieben, weil die Meldeschwelle von 3 Prozent zunächst nicht erreicht wurde.
Mittlerweile rund 21 Prozent
Auch ohne die Aktienpakete vom Bund baut die italienische Großbank UniCredit ihre Beteiligung an der Commerzbank weiterhin kräftig aus. Durch den Kauf von Finanzinstrumenten stieg die rechnerische Beteiligung mittlerweile auf rund 21 Prozent. Damit ist UniCredit der größte Anteilseigner der Commerzbank und rangiert sogar noch vor dem Bund. UniCredit-Chef Andrea Orcel ließ noch offen, ob er tatsächlich eine Übernahme der Commerzbank plant oder ob er die Anteile wieder abstoßen möchte. Es sollen Gespräche mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Commerzbank sowie mit weiteren Beteiligten in Deutschland stattfinden. Vor deren Ergebnissen hängt die weitere Entwicklung mit ab, teilte die UniCredit mit. Die Italiener haben ihr wirtschaftliches Engagement so abgesichert, dass sie jederzeit verkaufen können und der Abschlag begrenzt wäre.
Ab 30 Prozent muss UniCredit ein Übernahmeangebot machen
Damit die UniCredit ihren Anteil auf mehr als 10 Prozent erhöhen darf, ist noch die Genehmigung der Europäischen Zentralbank (EZB) erforderlich. Der entsprechende Antrag ist bereits eingereicht. Bei einer Genehmigung dürfte die UniCredit ihre Beteiligung bis auf 29,9 Prozent erhöhen. Bei einem Anteil von über 30 Prozent wäre das Mailänder Institut verpflichtet, ein öffentliches Übernahmeangebot für alle Commerzbank-Aktien abzugeben.
Der Bund als Großaktionär würde eine Übernahme nicht unterstützen. Die Finanzagentur des Bundes teilte am Freitagabend mit, dass der Bund seine restliche Beteiligung von 12 Prozent bis auf Weiteres behalten möchte. Ursprünglich hatte die Regierung die Beteiligung schrittweise verkaufen wollen, doch sie wurde vom Einstieg der UniCredit überrascht.
Bund steht hinter eigenständiger Commerzbank
Der Bund hatte die Commerzbank in der Finanzkrise 2008/2009 mit Milliardensummen vor dem Untergang gerettet und war deshalb viele Jahre lang ihr größter Anteilseigner. Die Regierung unterstützt nun den Wunsch der Commerzbank, als eigenständiges Institut bestehen zu bleiben und stoppte deshalb die Aktienverkäufe.
Vor knapp 20 Jahren hatte UniCredit die Hypovereinsbank (HVB) aus München übernommen. Mit der Zeit verkleinerte sie ihre deutsche Tochter immer weiter und integrierte sie in den Konzern. Heute firmiert die HVB nicht einmal mehr als Aktiengesellschaft, sondern nur noch als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).
Verdi und Betriebsrat gegen Übernahme
Die Gewerkschaft Verdi und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank hatten den Bund letzte Woche aufgefordert, sich gegen eine Übernahme zu stellen. Bei einem Deal mit der UniCredit könnten zwei Drittel der Arbeitsplätze wegfallen, lauten die Befürchtungen des Betriebsrats. Die Commerzbank hat nach eigenen Angaben weltweit rund 38.700 Vollzeitbeschäftigte, mehr als 25.000 davon arbeiten in Deutschland.
Feindliche Übernahme?
Der dritte große Anteilseigner bei der Commerzbank ist der US-Vermögensverwalter BlackRock mit rund sieben Prozent. BlackRock hält seine Anteile über verschiedene Fonds und hegt kein strategisches Interesse.
Noch am Freitag hatte Unicredit-Chef Andrea Orcel erklärt, dass er im Einvernehmen mit der Bundesregierung handeln wolle und keine feindliche Übernahme anstrebe. Nun gab er jedoch die weitere Anteilsaufstockung bekannt. UniCredit hält damit mehr als ein Fünftel der Anteile, was ein offizielles Übernahmeangebot für Deutschlands zweitgrößte Privatbank immer wahrscheinlicher werden lässt. Verdi bezeichnete dieses Vorgehen als aggressiv und unangemessen.
Commerzbank prüft sämtliche Optionen
Die Commerzbank äußerte sich zurückhaltend zur Anteilsaufstockung durch die italienische UniCredit. Ein Konzernsprecher in Frankfurt teilte mit, dass der Vorstand der Commerzbank nach wie vor bestrebt ist, strategische Optionen im Sinne seiner Stakeholder – also Investoren, Kunden und Mitarbeitern – verantwortungsvoll zu prüfen und zu bewerten.
Die Kommentarfunktion ist geschlossen.