UniCredit-Chef für Fusion mit Commerzbank
Nach ihrem Einstieg bei der Commerzbank wirbt die italienische Großbank UniCredit für eine Übernahme von Deutschlands zweitgrößter Privatbank. Zudem drängte UniCredit-Chef Andrea Orcel, die Commerzbank müsse profitabler arbeiten und nannte Einsparpotenziale für den Fall einer Fusion. Der Frankfurter DAX-Konzern bestätigte Kontakte zur UniCredit, hält sich ansonsten aber bedeckt. Der Bund, der wegen seines Ausstiegs bei der Commerzbank in der Kritik steht, will nun die Lage sondieren.
Orcel drängt auf Fusion
Orcel ist überzeugt, dass ein Zusammenschluss beider Banken für alle Beteiligten einen deutlichen Mehrwert bringen und einen erheblich stärkeren Wettbewerber auf dem deutschen Bankenmarkt schaffen könnte. Die Betreuung der Privatkunden könne sich verbessern und man könne den deutschen Mittelstand mit Finanzierungen stärken sowie international umfassender begleiten.
Derzeit gebe es nur sehr wenige Überschneidungen zwischen den beiden Instituten, betonte der UniCredit-Chef. Ihm schwebt eine Bank vor, die sich geografisch gut ergänzt und im Privat- und Firmenkundengeschäft bestens ausbalanciert ist. Einsparungspotenzial gebe es vor allem in den zentralen Funktionen. In Deutschland ist die UniCredit seit der Übernahme der Hypovereinsbank (HVB) im Jahr 2005 stark vertreten.
Es müsse viel getan werden
Orcel fordert außerdem, dass die Commerzbank ihre Bilanz stärkt, sich vergrößert und gleichzeitig die Rentabilität verbessert. Er räumt ein, dass das derzeitige Management in dieser Hinsicht bereits große Fortschritte gemacht hat, doch er ist der Ansicht, dass noch viel mehr getan werden kann. Die Eigenkapitalrendite der Commerzbank ist nur etwa halb so hoch wie die der UniCredit-Tochter HVB. Die Cost-Income-Ratio der HVB liegt seiner Aussage nach 20 Prozentpunkte unter der der Frankfurter.
UniCredit profitiert vom Ausstieg des Bundes
UniCredit hatte den sukzessiven Rückzug des Bundes aus der Commerzbank letzte Woche zum überraschenden Einstieg bei dem Dax-Konzern genutzt. Die Italiener übernahmen ein Aktienpaket von 4,5 Prozent vom Bund und kauften weitere Aktien am Markt, wodurch sie nun neun Prozent der Anteile halten. Die deutsche Bundesregierung hat die Commerzbank in der Finanzkrise mit Milliardenbeträgen vor dem Zusammenbruch bewahrt. Nun hält der Bund noch 12 Prozent der Anteile, die er ebenfalls schrittweise verkaufen will.
Deutsche Bank auch im Gespräch
Insidern zufolge denkt nun die Deutsche Bank darüber nach, wie sie UniCredit die Übernahme der Commerzbank so schwer wie möglich machen könnte. Vorstandschef Christian Sewing und seine Kollegen hätten in den letzten Tagen die Sachlage analysiert, erklärten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen übereinstimmend. Unter anderem gab es auch Diskussionen darüber, dem Bund seinen verbleibenden Anteil an der Commerzbank ganz oder teilweise abzukaufen. Möglicherweise unternimmt die Deutsche Bank aber auch gar nichts.
Ein Sprecher der Deutschen Bank ließ die Berichte trotz Anfrage unkommentiert. Er erklärte lediglich, dass die Deutsche Bank sich nicht zu Wettbewerbern äußere und sich auf ihre Wachstumsstrategie und ihr Ziel, bis 2025 eine Eigenkapitalrendite von mehr als 10 Prozent zu erreichen, konzentriere. Das habe der Vorstandsvorsitzende Christian Sewing bereits vergangene Woche erklärt. Sewing hatte zuletzt Spekulationen bezüglich einer Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank zurückgewiesen. Von den Plänen der Italiener war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch keine Rede gewesen.
Commerzbank und Bund halten sich bedeckt
Eine Fusion von UniCredit und Commerzbank würde eine europäische Riesenbank mit einem Börsenwert von zusammen rund 79 Milliarden Euro schaffen. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet einen Stellenabbau und plant, sich gegen eine Übernahme der Bank zu wehren. Sie fordert den Bund auf, keine weiteren Commerzbank-Aktien mehr zu verkaufen.
Commerzbank-Chef Manfred Knof äußerte sich heute nur vage bezüglich einer möglichen Übernahme. Er bestätigte lediglich, dass es einen Kontakt gegeben habe, und betonte, dass die Commerzbank von ihrem eigenen Plan überzeugt sei. Sollte jemand einen anderen Plan vorlegen, werde man diesen prüfen – und zwar sowohl im Interesse der Investoren, als auch dem der Kunden und der Mitarbeiter. Jetzt gehe es darum, die eigene Strategie umzusetzen, betonte Knof.
Im Zuge des UniCredit-Einstiegs war auch Kritik am Vorgehen der Bundesregierung laut geworden, die vom Einstieg der Italiener offensichtlich überrumpelt wurde. Seitens des Finanzministeriums erklärte man, der Bund werde die Situation nun analysieren. Vorrangig sei es Aufgabe der Commerzbank-Gremien, gegebenenfalls mit möglichen Aktionären zu sprechen.
Bei Transaktionen dieser Art sei es üblich, im Rahmen des Verkaufsprozesses auch potenzielle Investoren anzusprechen. Dafür habe die Finanzagentur eine Investmentbank beauftragt, die dann unter anderem die UniCredit angesprochen hat. Dieses Vorgehen hat das Ziel, das Marktumfeld am Tag der Transaktion besser einschätzen zu können.
Reaktion an den Märkten
Seit Bekanntwerden des UniCredit-Einstiegs in der vergangenen Woche legte die Commerzbank-Aktie zeitweise rund ein Viertel an Wert zu. Heute Nachmittag notierte sie allerdings ganz leicht im Minus. Die UniCredit-Aktie verzeichnete in Mailand ein Plus von 0,65 Prozent. Die Titel der Deutschen Bank verloren zeitweise rund 2,5 Prozent und lagen zuletzt noch mit rund 0,21 Prozent im Minus. Den XETRA-Handel beschloss die Commerzbank-Aktie mit 15,60 Euro. Die UniCredit-Aktie ging an der EURONEXT Mailand mit 37,10 Euro aus dem Handel.
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