China heizt die Aktienkurse seiner Autoindustrie mit Subventionen an

Die chinesische Autoindustrie steht für Innovation. Doch es gibt noch weitere Faktoren, die sie so erfolgreich machen. Eine detaillierte Analyse der Bilanzen chinesischer Autobauer verdeutlicht das Ausmaß der Subventionen und veranschaulicht, wie sehr der chinesische Staat seinen Unternehmen zu einem globalen Wettbewerbsvorteil verhilft. Er fördert seine Autoindustrie  mit offensichtlichen und versteckten Subventionen.

China als führender Akteur

China hat sich binnen weniger Jahre zu einem der weltweit führenden Akteure auf dem Automobilmarkt entwickelt. Insbesondere im Bereich der Elektromobilität hat das Reich der Mitte die Nase vorn. Unternehmen wie BYD und NIO bauen ihre Marktanteile auf der ganzen Welt kontinuierlich aus. BYD konnte sich beispielsweise als weltweit führender Hersteller von Elektrofahrzeugen etablieren. Im Jahr 2023 verzeichnete das Unternehmen einen bemerkenswerten Anstieg seiner Verkaufszahlen auf über drei Millionen Fahrzeuge. Das entspricht einem Wachstum von knapp 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die BYD-Aktie kletterte von Jahresbeginn bis Ende Oktober 2024 um etwa 40 Prozent nach oben..

China investiert Milliarden in seine Autohersteller 

Eine genaue Analyse der Bilanzen offenbart das Ausmaß der staatlichen Unterstützung: Von 2021 bis 2023 flossen der chinesischen Automobilindustrie direkte Fördergelder in Höhe von über 5,7 Milliarden Euro zu. Diese Mittel gingen an große Unternehmen wie Dongfeng, GAC und BAIC. Fünf weitere Konzerne, darunter auch Branchenführer BYD, profitierten ebenfalls von rund zehn Milliarden Euro staatlicher Unterstützung in Form von Steuererleichterungen und weiteren Vergünstigungen. Das sind die sichtbaren Subventionen.

Die Ergebnisse der Analyse des Handelsblatts zeigen, dass noch eine Vielzahl weiterer indirekter Unterstützungsmaßnahmen fließt, beispielsweise in Form von günstigen Krediten, vergünstigten Stromtarifen und subventioniertem Baugrund. Selbst Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlich angespannten Lage befinden und defizitär wirtschaften, erhalten Kredite von den staatlich kontrollierten Banken zu außerordentlich vorteilhaften Konditionen, die deutlich unter dem Marktzinssatz liegen.

Strategische Subventionen

Direkte Subventionen spielen eine wichtige Rolle. Aber es sind speziell die indirekten Hilfen, die chinesische Autohersteller im internationalen Markt in eine konkurrenzfähige Position bringen. Diese strategischen Subventionen unterstützen vor allem Unternehmen wie BYD und NIO, die so trotz wiederholter Verluste weiteres Wachstum generieren und den Markt erobern können.

Wenn defizitär wirtschaftende Unternehmen Kredite zu sehr günstigen Konditionen erhalten, dann deutet vieles darauf hin, dass dahinter ein Staat steht, der diese Unternehmen fördern und am Leben halten möchte, erklären Bilanzexperten.

Verschleierung von Subventionen

Dass Subventionen verschleiert werden, zeigt sich am Beispiel BYD sehr deutlich. Das Unternehmen gestaltet seine Geschäftsberichte in jüngster Zeit zunehmend intransparenter. Bei einigen entscheidenden Posten, darunter Zinsaufwendungen, staatliche Subventionen und Steuervergünstigungen, fällt das ganz besonders ins Auge, wenn man sich die Mühe macht, genauer hinzusehen. Seit wenigen Jahren sind wesentliche Finanzposten wie Zinsaufwendungen, direkte Subventionen und Steuervergünstigungen aus den Hauptberichten verschwunden und sind nun im Anhang zu finden. Das erschwert die Evaluierung der staatlichen Unterstützung für BYD sowie der Finanzierungsquellen für das Unternehmenswachstum. Die Zinsaufwendungen von BYD sanken in den letzten Jahren trotz eines massiven Umsatzwachstums – ein untypisches Verhalten für ein Unternehmen, das auf die Zufuhr von Fremdkapital angewiesen ist.

Auch bei NIO, einem weiteren bedeutenden Akteur auf dem chinesischen Markt für Elektromobilität, ist die staatliche Unterstützung nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Obwohl das Unternehmen hohe Verluste erwirtschaftet, erhält es weiterhin großzügige Finanzhilfen. Im September 2023 durfte sich das Unternehmen über eine Finanzspritze von der Provinzregierung Hefei von fast einer halben Milliarde Euro freuen. Staatliche Fördermaßnahmen sind in China keine Seltenheit. In anderen Ländern haben es Unternehmen in einer ähnlichen finanziellen Lage oft sehr schwer, Kredite zu bekommen.

Hohe Beschäftigung

Im Gegensatz zur westlichen Konkurrenz setzen chinesische Autohersteller auf eine hohe Beschäftigung. BYD zählt mittlerweile rund 900.000 Mitarbeiter und damit fast 300.000 mehr als der Volkswagen-Konzern. Diese hohe Beschäftigung ist politisch gewollt, bestätigen Autoexperten. Zwar haben chinesische Elektroautohersteller dadurch hohe Personalausgaben, doch die werden mit hohen Subventionen kompensiert. Auf diesem Weg können die Unternehmen viel Personal bei geringen Lohnkosten beschäftigen.

EU-Zölle auf chinesische Elektroautos

Die massiven Subventionen sorgen unter anderem in Europa für Besorgnis. Die Europäische Union beschloss deshalb am 30. Oktober 2024 offiziell, Ausgleichszölle von bis zu 35,3 Prozent auf Elektroautos aus China einzuführen. Damit möchte sie den Wettbewerb auf dem europäischen Markt schützen und und eine Verzerrung verhindern. Deutsche Autohersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes haben sich allerdings vehement gegen diese Zölle ausgesprochen. Sie erzielen auf dem chinesischen Markt bislang hohe Gewinne und befürchten nun Gegenmaßnahmen aus China. Gleichzeitig herrscht innerhalb der EU die Meinung vor, dass diese Zölle ein notwendigen Schritt sind, der verhindern soll, dass sich die Geschichte wiederholt. Die chinesische Solarindustrie wurde vor einigen Jahren ebenso stark subventioniert und überschwemmte in der Folge den deutschen Markt mit günstigeren Produkten.

Industriepolitische Strategie

Offen bleibt die Frage, wie lange China seine Autoindustrie noch fördern und damit den Aufwärtstrend der chinesischen Auto-Aktien befeuern wird. Das Reich der Mitte verfolgt mit seinen Subventionen und staatlichen Hilfen eine klar definierte industriepolitische Strategie. Diese Förderung trägt entscheidend zum Erfolg von chinesischen Automobilunternehmen wie BYD und NIO bei.

Die Analyse veranschaulicht, dass chinesische Hersteller nicht so übermächtig sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Ohne Subventionen wäre das Überleben vieler chinesischer Autohersteller angesichts des enormen Wettbewerbs kaum möglich. Experten rechnen damit, dass es in den nächsten drei bis fünf Jahren auch in China zu einer Marktbereinigung unter den Fahrzeugherstellern kommen wird. Man darf durchaus davon ausgehen, dass es in den nächsten Jahren zu einer Konsolidierung auf dem chinesischen Automobilmarkt kommen wird.

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