Leitzinsen weltweit
Leitzinsen weltweit
Im Anschluss an ihre gestrige Zinssitzung in Washington teilte die Fed mit, dass die Leitzinsen unverändert in einer Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent verbleiben werden. Die Märkte hatten mit dieser Entscheidung gerechnet und waren entsprechend nicht überrascht.
In China wurden die Zinsen vor wenigen Tagen ebenfalls gesenkt, während Russlands Zentralbank kurz vor dem Wochenende die Leitzinsen kräftig erhöht hatte.
Fed tastet Leitzinsen erneut nicht an
Bereits in den vergangenen Sitzungen hatte die Fed die Leitzinsen nicht angerührt. Die letzte Veränderung gab es im Juli 2023. Damals wurden die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Anfang März 2022 hatte der US-Leitzins noch zwischen null und 0,25 Prozent gelegen, doch im Kampf gegen die Inflation sahen sich die Währungshüter gezwungen, die Zinsen immer wieder kräftig anzuheben.
Im Juni betrug die Inflationsrate noch 3,0 Prozent. 2022 hatte sie phasenweise bei gut neun Prozent gelegen. Seit damals sank sie zwar stetig, doch mit 3,0 Prozent befindet sie sich immer noch deutlich über dem Inflationsziel der Fed von 2,0 Prozent.
Experten gehen davon aus, dass die Inflation weiter zurückgehen wird und hoffen auf ein oder zwei Zinssenkungsschritte noch in diesem Jahr.
EZB hat bereits einmal gesenkt
Die EZB ist diesen ersten Schritt schon gegangen. Sie hatte im Juni die Leitzinsen um 25 Prozentpunkte gesenkt, die seitdem bei 3,75 bzw. 4,25 Prozent verharren. Nun hoffen viele Marktteilnehmer auf einen nächsten Zinsschritt im September.
China überrascht mit Zinssenkung
Die chinesische Notenbank People’s Bank of China (PBoC) überraschte vor wenigen Tagen die Märkte, indem sie diverse Leitzinsen unerwartet senkte.
Die Zentralbank teilte mit, dass sie den einjährigen Referenzzinssatz (Loan Prime Rate – LPR) und den fünfjährigen LPR um jeweils 10 Basispunkte auf 3,35 bzw. 3,85 Prozent gesenkt hat. Der Zinssatz für siebentägige Reverse Repos wurde von 1,8 Prozent auf 1,7 Prozent reduziert. Die Intention hinter diesem Schritt ist eine stärkere finanzielle Unterstützung für die Realwirtschaft.
Die Maßnahmen der Zentralbank sind eine Reaktion auf ein enttäuschendes Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal und auf durchwachsene Wirtschaftsindikatoren im Juni. Die Hinweise auf eine anhaltende Schwäche verstärkten den Druck auf die Zentralbanker und zwangen sie dazu, zusätzliche Stimulierungsmaßnahmen zu ergreifen. Analysten hatten zwar erwartet, dass die PBoC handeln würde, sie waren aber geteilter Meinung über die Form der Maßnahmen.
Chinas Wirtschaftswachstum zu schwach
Ökonomen halten die Zinssenkung für einen Schritt in die richtige Richtung. Sie rechnen sogar mit weiteren Zinssenkungen, sobald die US-Notenbank ihren Lockerungszyklus einläutet. In China spielt die Geldpolitik allerdings nicht die wichtigste Rolle. Auch die Fiskalpolitik ist höchst relevant. Die wirtschaftliche Entwicklung in der zweiten Hälfte des Jahres wird entscheidend über das Ausmaß der geldpolitischen Unterstützung mitbestimmen. Die Tatsache, dass die PBOC nicht die erste Zinssenkung der Fed abgewartet hat, interpretieren Experten so, dass die chinesische Regierung den Abwärtsdruck auf die heimische Wirtschaft erkannt hat. Das BIP-Wachstum im zweiten Quartal war schlichtweg enttäuschend.
Nur wenige Stunden nach der Senkung der vorgenannten Leitzinssätze reduzierte die chinesische Zentralbank die Zinssätze für die Standing Lending Facility (SLF) ebenfalls. Bei der SLF handelt es sich um ein geldpolitisches Instrument, das Banken kurzfristige Kredite zur Verfügung stellt. Auch die Zinssätze für die Tagesgeldfazilität, die 7-Tage-Fazilität sowie die 1-Monats-Fazilität senkte die People’s Bank of China um jeweils 10 Basispunkte.
Den Zinssatz für Reverse-Repo-Geschäfte mit einer Laufzeit von sieben Tagen hatte die Zentralbank bereits zuvor gesenkt, nachdem auch die Geschäftsbanken ihre Ausleihesätze verringert hatten.
Die chinesische Führung hatte eine Woche zuvor auf einer politischen Klausurtagung dazu aufgerufen, nötige Schritte zu unternehmen, um das für dieses Jahr angestrebte Wirtschaftswachstum von rund 5,0 Prozent zu erreichen. Im zweiten Quartal war die chinesische Wirtschaft im Jahresvergleich um nur 4,7 Prozent gewachsen und damit hinter den Markterwartungen und den Zielen der Regierung zurückgeblieben.
Wirtschaftsexperten rechnen damit, dass die Regierung in den nächsten Wochen weitere Lockerungs- und Stützungsmaßnahmen ergreifen wird, um das Ziel zu erreichen.
Russlands Währungshüter erhöhen Leitzins auf 18,0 Prozent
Die russische Zentralbank drehte angesichts wachsender Inflationsgefahren an der Zinsschraube und hob den Leitzins am vergangenen Freitag deutlich an. Letztendlich entsprach die Erhöhung um 2,0 Prozentpunkte auf 18,0 Prozent in etwa den Erwartungen der Experten. Die bislang letzte Zinserhöhung erfolgte im Dezember. Mittlerweile liegt der Leitzins wieder so hoch wie zuletzt im März 2022.
Die Notenbank begründete die drastische Erhöhung mit der beschleunigten Inflation, die sich inzwischen deutlich über der Prognose vom April bewegt. Sie sieht nach wie vor Anzeichen einer Überhitzung und erklärte in diesem Zusammenhang, dass das Wachstum der Binnennachfrage weiterhin die Möglichkeiten zur Ausweitung des Angebots an Gütern und Dienstleistungen übersteigt.
Die russische Zentralbank signalisierte außerdem, dass weitere Zinserhöhungen nicht ausgeschlossen seien. Die Geldpolitik muss weiter gestrafft werden, damit die Inflation wieder zurückgehen kann, erklärte sie. In den nächsten Sitzungen wird man weitere Zinserhöhungen in Betracht ziehen.
Die Inflationsprognose wurde deutlich nach oben korrigiert. Zum Jahresende wird jetzt eine Teuerungsrate von 6,5 bis 7,0 Prozent erwartet. Bisher hatte man mit 4,3 bis 4,8 Prozent gerechnet. Im Juni lag die Inflation bei 8,5 Prozent.
Die Notenbanker rechnen nun mit einem stärkeren Wirtschaftswachstum. Zum Jahresende soll es zwischen 3,5 und 4,0 Prozent liegen. Nach Einschätzung von Ökonomen wird die russische Wirtschaft vor allem von der Rüstungsproduktion gestützt, die aufgrund des Kriegs gegen die Ukraine massiv ausgeweitet wurde. Zudem treibt der Arbeitskräftemangel die Löhne in die Höhe, was wiederum die Konsumnachfrage stützt.
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