Bayer und Monsanto: Wie gefährlich ist Glyphosat tatsächlich?
Zum 07. Juni 2018 konnte der Leverkusener Konzern Bayer den US-Konzern Monsanto endgültig übernehmen. Nach langen und zähen Verhandlungen war die 63 Mrd. Euro teure Fusion endlich abgeschlossen. Es bleibt bis heute die teuerste Akquisition, die ein deutscher Konzern in der Geschichte der BRD jemals getätigt hat – und das wird wohl auch auf absehbare Zeit so bleiben.
Nur einen Monat und drei Tage später wurden vor einem US-amerikanischen Bundesgericht mehrere hundert Klagen gegen Monsanto, nun Teil des Bayer Konzerns, zu einem großen Verfahren gebündelt. Der Konzern soll bei seinem Unkrautbekämpfungsmittel RoundUp wichtige Hinweise zur Gefährlichkeit des Wirkstoffs Glyphosat verschwiegen haben.
Heute liegen mehr als 40.000 Klagen gegen Monsanto vor. Die Folgen dieser juristischen Auseinandersetzungen haben den Konzern und den zugehörigen Aktienkurs schwer gezeichnet. Wie ein Damoklesschwert kreisen die Rechtsrisiken über dem Chemiekonzern. Bayer strebt eine Einigung mit beinahe allen Klägern in den USA an, die wohl zwischen 10 und 12 Mrd. Euro teuer sein wird.
Auch in Deutschland wird die Debatte über Glyphosat lebhaft geführt. Einige Aktionäre verweigern gar, Bayer Aktien in ihr Depot aufzunehmen – der Konzern sei schließlich unmoralisch. Dabei ist die wissenschaftliche Faktenlage bei weitem nicht so unklar, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Unsere Redaktion hat sich den Stand der wissenschaftlichen Begutachtung von Glyphosat genauer angesehen.
Worum geht es in der Glyphosat-Debatte eigentlich?
Glyphosat ist an sich kein Unkrautvernichter von Monsanto / Bayer, sondern vielmehr ein bestimmter Wirkstoff, der Unkraut zuverlässig bekämpfen soll. Unter Landwirten ist Glyphosat bekannt – kaum ein anderes Mittel ist in der Lage, so effizient, kostenschonend und umweltverträglich das die potentielle Erntemenge beeinträchtigende Unkraut entfernen.
Die Kläger in den USA und zum Teil auch in anderen Ländern der Welt behaupten, das Einatmen oder eine andere unsachgemäße Handhabung des Mittels „RoundUp“ von Monsanto, dessen Wirkstoff Glyphosat ist, hätte bei ihnen Krebs oder andere Krankheiten verursacht. Auch in Deutschland begannen sich Verbraucher zu sorgen, ob sie bedenkliche Mengen Glyphosat mit ihrer Nahrung aufnehmen würden.
Insbesondere in Bier und Muttermilch soll Glyphosat in bedenklich hohen Mengen vorkommen. Dabei hat das Bundesamt für Risikobewertung errechnet, dass ein erwachsener Mensch täglich rund 1.000 Liter Bier trinken müsste, um eine gesundheitlich bedenkliche Menge Glyphosat aufzunehmen. Damit ein Baby eine bedenkliche Menge Glyphosat aufnehmen kann, müsste es täglich über 4.150 Liter Muttermilch trinken.
Falschbehauptungen und politische Interessen
Im Jahr 2015 behauptete die Bundestagsfraktion der Grünen, stichprobenartig Muttermilch untersucht und eine bedenklich hohe Konzentration Glyphosat gefunden zu haben. Diese Studie soll nach Aussage der Grünen-Fraktion neue Methoden zur Untersuchung der Muttermilch genutzt haben. Dies hätten wir bei unserer Recherche gerne überprüft, leider wurde die Studie mittlerweile gelöscht – und zwar aus gutem Grund.
Nicht nur war die „wissenschaftliche“ Methode der Analyse nicht fundiert und zugelassen. Vielmehr wurden bewusst falsche Grenzwerte für die Belastungen herangezogen, um die Glyphosat-Konzentration möglichst gravierend wirken zu lassen. Tatsächlich ist es aus praktisch Gründen schlicht nicht möglich, über die Nahrung eine bedenkliche Menge Glyphosat aufzunehmen.
Die Lobby der Grünen hatte mit der Landwirtschaft und Bayer / Monsanto im Speziellen jedoch ein perfektes Ziel ausgemacht. Dass stillende Mütter und auch der normale Verbraucher damit massiv verunsichert wurden, hat zu einer kritischen Berichterstattung in den Medien geführt, sodass die Fraktion die sogenannte Analyse zurückziehen musste.
Ist Glyphosat giftig? Das sagt die Wissenschaft
Kaum ein anderes Land der Welt hat so strenge Vorschriften im Bezug auf Lebensmittel- und Trinkwassersicherheit wie Deutschland. Auch bei Mitteln zur Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft wird hier keine Ausnahme gemacht. So überrascht es nicht im Geringsten, dass eine breite Front an wissenschaftlichen Instituten Glyphosat als unbedenklich einstuft.
Diese Institute stufen Glyphosat als unbedenklich ein:
- das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
- die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa)
- die US-amerikanische Umweltbehörde EPA
- die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA)
- die australische Bewertungsbehörde Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA)
- die japanische Food Safety Commission
- die neuseeländische Umweltbehörde EPA
- das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und
- die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)
Alleine die Krebsagentur IARC der WHO kam 2015 zum Ergebnis, Glyphosat sei „wahrscheinlich krebserregend“. Nicht diese Aussage selbst ist dabei interessant, sondern vor allem, wie sie zustande kommt und einzuordnen ist. Die IARC bewertet nämlich nicht, ob tatsächlich ein Gesundheitsrisiko von einem Stoff ausgeht, sondern lediglich, ob ein Stoff grundsätzlich dazu in der Lage wäre, Krebs auszulösen.
Infolge dessen überrascht es kaum, dass es ein wildes Sammelsurium an Dingen gibt, die für die IARC im selben Maße wie Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“ sind. Dazu gehören unter anderem der Beruf des Friseurs und das Trinken von heißen Getränken. Der Konsum von Alkohol oder die Strahlen der Sonne werden dagegen als weitaus gefährlicher, nämlich als „sicher krebserregend“ eingestuft.
Glyphosat und das Bienensterben – Zahlen und Fakten
Nicht erst seit dem Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“, das vor allem unter dem Namen „Rettet die Bienen“ bekannt wurde, genießen Insekten den besonderen Schutz der öffentlichen Meinung. Insofern lag die Behauptung nahe, dass Glyphosat als vermeintliches Ackergift möglicherweise auch negative Auswirkungen auf die Bienenpopulation haben könnte.
Auch diese Aussage lässt sich jedoch bei wissenschaftlicher Betrachtung nicht halten. Zwar wurde 2017 eine vielbeachtete Studie zum Insektenschwund in Deutschland veröffentlicht – diese wurde jedoch in einem Naturschutzgebiet durchgeführt, wo kein Glyphosat zum Einsatz kommt. Entsprechend konnten Pestizide bereits 2017 als Ursache für das Bienensterben ausgeschlossen werden.
Dennoch geriet RoundUp neben anderen Produkten aus dem Bereich der Agrarchemie öffentlich immer wieder in die Kritik und stand im Verdacht, Bienen zu töten. Bereits 2015 konnten Forscher in einer Studie jedoch nachweisen, dass von den 42 am weitesten verbreiteten Pestiziden in der Landwirtschaft Glyphosat in puncto Giftigkeit für Honigbienen auf Rang 42 lag – das am wenigsten toxische Mittel überhaupt.
Fazit: Die Wissenschaft spricht ein klares Bild
Deutschland ist in der Corona-Krise bisher überaus gut gefahren – unter anderem, weil wichtige Entscheidungen von wissenschaftlicher Seite vorgegeben wurden. Warum dies beim Thema Glyphosat nun anders sein soll, entzieht sich einer möglichen Begründung. Vielmehr scheint es, dass politische Interessengruppen ganz gezielt Rosinenpickerei betreiben, um die eigenen Standpunkte zu untermauern.
Ende Juni 2017 erklärte Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung, in einem Interview, eine Möhre aus der Spüle seit gefährlicher als Glyphosat-Rückstände. In diesem Lichte ist es fadenscheinig, ja fast scheinheilig, eine Investition in Bayer Aktien aus moralischen Gründen abzulehnen – es sei denn man hat nicht ausreichend recherchiert. Dann sollte man von Aktien jedoch immer die Finger lassen.