Zinsen und Anleihen: Wie Zinsänderungen Anleihen beeinflussen

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Langfristig betrachtet, gelten Anleihen als sehr sichere Form der Geldanlage – vorausgesetzt die Bonität des begebenden Unternehmens oder Staates ist entsprechend hoch. Kurzfristig können Änderungen des Marktzinses allerdings auch bei Anleihen zu heftigen Kursschwankungen führen.

Zinsen beeinflussen Anleihen in zweierlei Hinsicht:

Kupon-Zinsen

Zinsen sind ein wichtiger Aspekt für eine Investition in Anleihen. Der Kupon einer Anleihe ist der feste Zinssatz, den der Emittent dem Anleger regelmäßig während der Laufzeit der Anleihe zahlt. Die Zinszahlungen sind meistens in festen Intervallen (z.B. halbjährlich oder jährlich) und in Prozent des Nennwertes (oder Principal) der Anleihe angegeben.

Die Höhe der Kuponzinsen orientiert sich zum einen am allgemeinen Zinsniveau und zum anderen wird sie von der Bonität des Emittenten beeinflusst. Je höher die Kuponzinsen ausfallen, desto attraktiver ist die Anleihe für Anleger auf den ersten Blick, da sie eine höhere laufende Rendite bietet. Allerdings sind Anleihen mit ungewöhnlich hohen Kuponzinsen in der Regel leider mit einem höheren Risiko verbunden, weil sie häufig von Emittenten mit niedrigerer Bonität stammen. Anleger mit geringer Risikobereitschaft sollten sich deshalb nicht von hohen Kuponzinsen verführen lassen, sondern zusätzlich unbedingt auf die Bonität achten.

Marktzinsen

Die Marktzinsen beeinflussen Anleihen ebenfalls, und zwar über den Preis der Wertpapiere auf dem Sekundärmarkt. Wenn die Marktzinsen steigen, erscheinen die niedrigeren Kuponzinsen bestehender Anleihen im Vergleich zu den höheren der neu emittierten Anleihen weniger attraktiv, wodurch ihre Preise fallen. Umgekehrt steigen die Preise von Anleihen, wenn die Marktzinsen fallen. Die Preise von Anleihen auf dem Sekundärmarkt und die Marktzinsen entwickeln sich also stets gegenläufig.

Dieser Zusammenhang ist vor allem für jene Anleger relevant, die ihre Anleihen nicht bis zum Ende der Laufzeit halten, sondern sie schon früher verkaufen möchten. Der Effekt der Zinsänderung auf den Anleihekurs wird als Zinsänderungsrisiko bezeichnet. Anleger, die ihre Anleihe zu 100% gekauft haben und sie bis zum Ende der Laufzeit halten, haben dieses Risiko nicht. Anders verhält es sich, wenn ein Anleger die Anleihe auf dem Sekundärmarkt während der Laufzeit zum dann aktuellen Kurs kauft oder verkauft.

Die Marktzinsen werden von verschiedensten Faktoren beeinflusst. Dazu zählen die Geldpolitik der Zentralbanken, die Inflation und die allgemeine wirtschaftliche Lage. Sichere Vorhersagen sind deshalb ausgeschlossen. Anleger sollten sich dennoch über die aktuellen Zinsbedingungen informieren, um möglichst fundierte Entscheidungen über ihr Investment in Anleihen treffen zu können.

Die Betrachtung verschiedener Szenarien verdeutlicht die Zusammenhänge. Im Beispiel investiert ein Anleger 10.000 Euro in eine zehnjährige Staatsanleihe. Der Kupon der Anleihe beträgt 5% und entspricht dem geltenden Marktzins.

Szenario 1:
Der Verkauf findet am Ende der Laufzeit statt.

Der Zinskupon der Anleihe ist festgeschrieben, darum kann die Anleihe auf eventuelle Zinsdifferenzen nur mit einer Schwankung des Nominalwertes reagieren. Weil der Zinskupon und der Marktzins zum Zeitpunkt des Kaufs aber exakt übereinstimmen, notiert die Anleihe bei 100% ihres Nominalwertes. Der Investor erhält eine jährliche Zinsgutschrift von 5% auf das eingesetzte Kapital, also 500 Euro. Am Ende der Laufzeit wird der Nennwert in Höhe von 10.000 Euro zurückgezahlt.

Da der Anleger die Anleihe bis zum Ende der Laufzeit hält, ist die Situation klar: Er bekommt jedes Jahr seine Zinsgutschrift und am Ende der Laufzeit den Nennwert zurückgezahlt.

Interessant wird es allerdings, wenn der Anleger die Anleihe nicht bis zum Ende der Laufzeit halten, sondern vorher verkaufen möchte. In diesem Fall kommt dem zum Zeitpunkt des Verkaufes vorherrschenden Marktzins eine besondere Bedeutung zu. Diese Bedeutung geänderter Marktzinsen zeigen die beiden nächsten, gegensätzlichen Szenarien.

Szenario 2:
Der Verkauf findet drei Jahre nach dem Kauf und somit vor dem Ende der Laufzeit statt. Der Marktzins zum Zeitpunkt des Verkaufs beträgt 6,5%.

Wenn der Anleger seine Anleihe jetzt über die Börse verkauft, haben Interessenten die Wahl, seine Anleihe oder eine aktuelle Anleihe zu erwerben. Während seine Anleihe einen Zinskupon von 5% hat, beträgt dieser bei den aktuellen Anleihen 6,5%. Wäre der Kurswert beider Anleihen gleich, würde sich ein potenzieller Käufer beim Kauf seiner Anleihe schlechter stellen, als beim Kauf einer aktuellen Anleihe. Für die gesamte Restlaufzeit von 7 Jahren müsste er nämlich auf 1,5% Zinsen pro Jahr verzichten. Weil dieser Unterschied eingepreist werden muss und der Zinskupon der laufenden Anleihe nicht verändert werden kann, wird der Wert der Anleihe über den Kurs an den aktuellen Marktzins angepasst. Der Zinskupon der Anleihe des Anlegers liegt 1,5% unter dem aktuellen Marktzins, wodurch sich rechnerisch 1,5% x 7 Jahre = 10,5% weniger Zinseinnahmen ergeben. Der Kurs der Anleihe darf deshalb nicht mehr bei 100%, sondern muss bei 89,5% (100 – 10,5) notieren.

Die Situation stellt sich also folgendermaßen dar:
Der Investor erhält drei Jahre lang eine jährliche Zinsgutschrift von 5% auf das eingesetzte Kapital, insgesamt also 1.500 Euro. Beim Verkauf realisiert er aber einen
Kursverlust in Höhe von 1.050 Euro (10,5% von 10.000 Euro). Dadurch verringert sich sein Gesamtgewinn auf 450 Euro bzw. 4,5%, was auf die 3 Jahre betrachtet einer jährlichen Rendite von 1,5% entspricht.

Anlegern, die bei niedrigerem Zinsniveau Anleihen gekauft haben, drohen also Kursverluste.

Szenario 3:
Der Verkauf findet sechs Jahre nach dem Kauf und somit vor dem Ende der Laufzeit statt. Der Marktzins zum Zeitpunkt des Verkaufs beträgt 3,5%.

Da der Marktzins von 5 auf 3,5% gefallen ist, würde ein Verkauf zu diesem Zeitpunkt einem Kaufinteressenten einen Zinsvorteil von 1,5% pro Jahr bei 4 Jahren Restlaufzeit einbringen. Auch hier dient der Kurs der Anleihe als Ausgleich für den Unterschied zwischen Zinskupon und Marktzins. Diesmal ist die Situation allerdings genau gegenteilig: Der Zinskupon der Anleihe liegt 1,5% über dem aktuellen Marktzins. Somit ergeben sich bei 4 Jahren Restlaufzeit 1,5% x 4 Jahre = 6% mehr Zinseinnahmen, als bei einer aktuellen Anleihe. Die Anleihe des Anlegers muss dementsprechend also bei 100 + 6 = 106% notieren.

Die Situation stellt sich also folgendermaßen dar:
Der Investor erhält sechs Jahre lang eine jährliche Zinsgutschrift von 5% auf das eingesetzte Kapital, insgesamt also 3.000 Euro. Beim Verkauf realisiert er zusätzlich einen
Veräußerungsgewinn in Höhe von 600 Euro (6% von 10.000 Euro). Dadurch steigt sein Gesamtgewinn auf 3.600 Euro bzw. 36%, was auf die 6 Jahre betrachtet einer jährlichen Rendite von 6% entspricht.

Steigt das Zinsniveau, können Anleger auch höhere Renditen realisieren.

Fazit

Bei einer genaueren Betrachtung der drei Szenarien erkennt man, dass Chancen und Risiken beim Investment in Anleihen in der Differenz zwischen Marktzins und Zinskupon liegen. Anleihen mit langer Restlaufzeit sind bei fallenden Zinsen empfehlenswert, während bei steigenden Zinsen Anleihen mit kurzer Restlaufzeit zu bevorzugen sind. Um das Risiko einer Fehleinschätzung der Zinsentwicklung zu verringern, könnten unerfahrene Anleger auf Rentenfonds anstelle von einzelnen Anleihen zurückgreifen. Diese beinhalten hauptsächlich Anleihen, aber auch andere Rentenpapiere. Diese Streuung reduziert die Risiken einer Fehleinschätzung bei einzelnen Wertpapieren erheblich und sorgt für eine stetige Wertentwicklung.

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