Gilt die Börsenweisheit “Sell in May and go away“ auch 2024?

Bisher liefen die Aktienmärkte in 2024 recht gut. Anleger würden nun wirklich gerne in Ruhe durchatmen. Da klingt die Börsenweisheit „Sell in May and go away“ wie ein willkommener Anlass für eine Investmentpause. Schließlich heißt es, dass im Mai regelmäßig eine eher schwächere Phase am Aktienmarkt beginnt, die den Sommer über anhält. Erst im Herbst soll dann wieder mehr Leben einkehren. Das behauptet auch der zweite Teil der Börsenweisheit: „… but remember to come back in September!“

Ist 2024 alles anders?

Oftmals sind es die Sommermonate, in denen es an den Finanzmärkten etwas gemütlicher zugeht. Viele Anleger machen in dieser Zeit gerne Urlaub. Deshalb sinken das Handelsvolumen und die Risikobereitschaft vieler Marktteilnehmer ab Mai gleichermaßen. In diesem Jahr könnte dieser Effekt besonders stark zum Tragen kommen. Schließlich lief es an des US-amerikanischen und europäischen Börsen bislang ausgesprochen gut. Viele Indizes markierten neue Allzeit-Hochs. So mancher Anleger hält nun intensiv Ausschau nach einem möglichst günstigen Zeitpunkt, um Gewinne mitzunehmen und zu sichern. 

Die Geschichte zeigt allerdings, dass sich in den letzten Jahren die „Sell in May“-Börsenweisheit bei weitem nicht immer bewahrheitet hat. Der Mai erwies sich rückblickend betrachtet oft nicht als der beste Moment für Gewinnmitnahmen. Das beweisen schon die letzten beiden Börsenjahre. beweisen. 2023 schwächte sich der Markt erst nach dem Wonnemonat ab, wohingegen 2022 ein Ausstieg im Mai eine hervorragende Idee war.

Parallelen zwischen 2022 und 2024

Tatsächlich gibt es gewisse Parallelen zwischen dem aktuellen Börsenjahr und 2022, dem Jahr, in dem sich die Börsenweisheit als guter Tipp erwiesen hatte. 2022 stand die Geldpolitik der Notenbanken ebenfalls im Fokus: damals mit Zinserhöhungen, dieses Jahr mit Hoffnungen auf eine baldige Senkung der Leitzinsen. Und auch 2024 bereiten geopolitische Konflikte den Börsianern Sorgen: 2022 war es Russlands Angriffskrieg in der Ukraine. Mittlerweile sind es dieser Krieg und die aktuellen Konflikte im Nahen Osten, die Anleger und Investoren in Atem halten.

Hinzu kommt, dass 2024 in den USA ein Präsidentschaftswahljahr ist. Die Erfahrung zeigt, dass es in Wahljahren an den US-Börsen eher besser läuft, vor allem während der vermeintlich schwachen Frühsommer- und Sommermonate. Und hier zeigt sich ein weiteres Dilemma im Zusammenhang mit der Börsenweisheit: Die Finanzmärkte entwickeln sich in den USA und in Europa nicht immer im Gleichklang. Alleine deshalb sollte „Sell in May“ nicht als allgemeingültige Wahrheit eingestuft werden. Was für die US-Märkte gilt, muss nicht zwingend auch für Europa gelten. Aus einer Analyse der europäischen Märkten, die die Deutsche Bank durchführen, geht hervor, dass sich die Mai-Verkaufsstrategie zwar auf lange Sicht gesehen tatsächlich auszahlt, aber eben nicht in jedem Jahr. In den Jahren 1998, 2001 und 2002 verzeichneten die Börsen eine außergewöhnlich gute Performance. Ohne diese besonderen Jahre wären Anleger, die sich an die Börsenweisheit gehalten hätten, schlechter gefahren.

Eine Börsenweisheit ist keine Handlungsempfehlung

“Sell in May“ ist und bleibt eine Börsenweisheit und keine echte Handlungsempfehlung. Die Datenlage gibt keine eindeutigen Hinweise darauf, dass es tatsächlich schlau ist, jedes Jahr im Mai Gewinne mitzunehmen und sich von guten Positionen zu trennen. Eine  allgemeingültige Handlungsempfehlung für Anleger lässt sich daraus definitiv nicht ableiten. Vielmehr sollten Investoren die individuellen Faktoren und die unterschiedlichen, oft regionalen Einflüsse, die auf die Aktienmärkte einwirken, genau unter die Lupe nehmen und sich davon leiten lassen.

Dieser Tipp gilt auch und insbesondere für das Börsenjahr 2024, das bis jetzt eine echt starke Performance gezeigt hat. Möglicherweise erweist sich „Sell in May“ in diesem Jahr wieder als guter Ratschlag. Wer weiß…

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