NFTs: Die digitale Welt erobert die Kunstszene

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Früher nutzen Künstler Leinwand, Filmrollen oder Schallplatten, um ihre Werke zu präsentieren. Aber die Kunst hat sich längst in die digitale Welt ausgedehnt und erscheint nun in Form von Pixelbildern, digital gespeicherten Filmen oder Musikdateien. Allerdings ist es leicht, solche digitalen Kunstwerke zu reproduzieren und zu vervielfältigen, und Original und Kopie können nicht voneinander unterschieden werden. NFTs hingegen sind einzigartig. Diese nicht reproduzierbaren Zertifikate verweisen auf das Original und werden anstelle des Kunstwerks gehandelt. 

Ein NFT ist nicht das Kunstwerk, sondern ein Zertifikat

Ein NFT ist eine Art digitale Bescheinigung oder Signatur, und nicht das Kunstwerk selbst. Man kann sich einen NFT als eindeutigen Vermerk vorstellen, der den Eigentümer eines bestimmten Objekts ausweist. Solch ein Objekt kann beispielsweise ein kleines Pixelbild der berühmten Cryptopunks sein oder der allererste Twitter-Tweet oder digitale Musik. Der NFT ist das Zertifikat, das besagt, dass Person X derzeit Eigentümer von Datei Y ist, die sich ihrerseits unter der Internetadresse Z befindet.

Einzigartigkeit dank Blockchain-Technologie

Die Abkürzung NFT steht für „non-fungible Token„, was auf Deutsch mit “nicht-austauschbare Wertmarke” übersetzt wird. Ein Token ist ein Vermögenswert oder, umgangssprachlich, eine Wertmarke. Im Gegensatz dazu stellt zum Beispiel ein Fünfzig-Euro-Schein oder ein Bitcoin eine fungible, austauschbare Wertmarke dar. Diese können beliebig ausgetauscht werden, ohne dass sich ihr Wert oder ihre Funktion ändert. Ein Fünfzig-Euro-Schein ist genau so viel wert wie ein anderer Fünfzig-Euro-Schein. Auch eine Biermarke auf der Kirmes ist ein solcher “fungible Token”, eine austauschbare Wertmarke.

Die Nicht-Austauschbarkeit eines Tokens ergibt sich erst aus seiner Einbindung in eine Blockchain. Eine Blockchain ist ein digitales Register, in dem sämtliche Transaktionen öffentlich festgehalten werden. Sie ist dezentral über verschiedene Orte verteilt und stellt ein ausgeklügeltes Buchhaltungssystem dar. Das macht es unmöglich, einen NFT unbemerkt auf jemand anderen zu übertragen. Eine solche Transaktion würde sofort in der Blockchain sichtbar werden. Die Herkunftsgeschichte eines NFT ist stets eindeutig, ganz im Gegensatz zu analogen Kunstwerken, bei denen oft fraglich ist, woher sie stammen. Im NFT selber ist vermerkt, für welches Objekt er erstellt wurde. Jeder NFT ist deshalb einmalig und einzigartig. Er bezieht sich immer nur auf eine konkrete Sache, sei es das Bild eines Cryptopunks oder das Album einer Band.

Anteile und Besitzverhältnisse

Es ist allerdings möglich, dass mehrere NFTs zu einem Objekt gehören, wie beispielsweise bei limitierten Editionen von Kunstwerken, von denen es nur ein kleine Auflage gibt, oder wenn ein NFT einen Anteil an einem Objekt repräsentiert, zum Beispiel ein Zehntel einer großen Immobilie oder ein Fünftel eines Gemäldes. Diese Information wird bereits bei der Erstellung der NFTs mit angelegt und ist jederzeit eindeutig nachprüfbar

Allerdings ist es technisch möglich, dass unerlaubt NFTs für ein Objekt erstellt werden. Diese Plagiate bzw. raubkopierte Kunst stellen ein Problem dar, das den NFT-Markt beunruhigt.

Urheber- oder Vervielfältigungsrechte sind mit dem Kauf eines NFTs nur ganz selten verbunden. Als Eigentümer eines NFTs ist man daher nicht automatisch berechtigt, das dazugehörige Objekt für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Diese Rechte verbleiben beim ursprünglichen Schöpfer. Auch das Eigentum am Objekt selbst ist nicht zwangsläufig an den Erwerb des NFTs gekoppelt, sodass die rechtliche Sicherheit nicht zwingend gegeben ist. Kauft man beispielsweise einen NFT, der ein Zehntel einer Immobilie repräsentiert, bedeutet das nicht immer, dass man auch den Anteil an der echten Immobilie erworben hat und das rechtssicher geltend machen kann.

Wenn man also einen NFT erwirbt, kauft man in erster Linie den NFT selbst. Alles, was darüber hinaus versprochen oder vermutet wird, sollte genau geprüft werden.

Wert und Preis eines NFTs

Es gibt keinen typischen Standard-NFT und deshalb auch keinen einheitlichen Marktpreis, wie es bei Bitcoin, Schweizer Franken oder anderen austauschbaren Token der Fall ist. Der NFT-Markt ähnelt in dieser Hinsicht eher dem Markt für analoge Kunst. Es gibt weltberühmte Gemälde, die für Millionenbeträge den Besitzer wechseln, aber auch viele Amateurkunstwerke, die zwar mit Preisschildern versehen sind, aber möglicherweise nie einen Käufer finden werden, der bereit ist, diesen Preis zu zahlen. Mit NFTs kann dies ebenso geschehen.

Der erste NFT wurde im März 2021 im renommierten Auktionshaus Christie’s versteigert und erzielte die Rekordsumme von 69,3 Millionen US-Dollar. Es gehörte zur Collage „Everydays: The First 5000 Days“ des amerikanischen Künstlers Beeple, die aus 5.000 digitalen Einzelbildern besteht. Einige NFTs, die zu den viel kleineren Bildern der Serie Cryptopunks gehörten, erzielten jeweils weit über eine Million Dollar, und der für den ersten Tweet von Twittergründer Jack Dorsey bachte knapp drei Millionen Dollar ein. 

NFTs für Fußballsammelkarten erzielten auf der Plattform Sorare bereits Preise von über 50.000 Dollar, so beispielsweise die Sammelkarte des französischen Stars Kylian Mbappé. Auch besondere Waffen, Verzierungen oder andere virtuelle Gegenstände in Computerspielen werden als NFT verkauft.

Technische Voraussetzungen

Plattformen wie Opensea, Nifty Gateway oder Rarible haben sich auf den Handel mit NFTs spezialisiert. Der Kaufprozess ähnelt grob dem Ablauf bei Ebay, allerdings erfolgt die Bezahlung der NFTs meistens mit der Kryptowährung Ether. User benötigen ein geeignetes Wallet, also eine digitale Geldbörse, die mit dem jeweiligen NFT-Portal verbunden werden kann. Nur damit können Kauf und Verkauf in der Blockchain verzeichnet werden, was Bedingung für die Transaktion ist.

Wallets wie Metamask, Coinbase und einige andere sind mit Opensea und den weiteren großen NFT-Plattformen kompatibel. Das Wallet wird mit dem Konto der entsprechenden NFT-Plattform verknüpft und schon kann der Kauf stattfinden. Der Kauf selbst ähnelt dem Aktienkauf an der Börse: Der Käufer muss eine Kauforder erstellen.

Jeder kann NFTs erstellen, aber nicht kostenlos

Um einen neuen NFT zu erstellen, greift man am einfachsten auf Dienste wie Rarible, Nifty Gateway, Zora und Superrare zurück. Die Plattform kümmert sich darum, den neuen Datensatz – den Programmiercode des NFTs – in die dezentrale Datenliste, die Blockchain, einzufügen. Im Datensatz enthalten sind die Metadaten des NFTs: Name des Tokens, Beschreibung und Internetadresse des Objekts, auf das sich der NFT bezieht. Dieser Vorgang wird als Prägen, Minten oder Minting bezeichnet.

Das Minten eines NFTs ist gebührenpflichtig. Das Hinzufügen zur Blockchain erfordert einiges an Rechenleistung, da die Verschlüsselung errechnet werden muss. Diese Gebühren werden als Gas Fees bezeichnet und meist in Ether, der Kryptowährung der Ethereum-Blockchain, entrichtet.

Varianten des Mintings

Beim Prägen wird festgelegt, ob nur ein einzelner NFT mit dem Objekt verbunden wird oder ob eine Serie, also eine Limited Edition erstellt wird. Zudem entscheidet der Herausgeber, ob der NFT direkt zum Verkauf angeboten werden soll, er kann – ähnlich wie bei Ebay –  einen Mindestpreis für Kaufgebote festlegen und eine Sofort-Kaufen-Option aktivieren.

Neben dieser Variante gibt es auch eine weitere, das sogenannte Lazy Minting, bei der die Gebühren erst später anfallen. Dabei wird der NFT nur vorbereitet, aber noch nicht in die Blockchain eingebunden. Das passiert erst, wenn ein Käufer gefunden ist. Gerade diese Variante ist bei Betrügern beliebt und lässt viele Plagiate entstehen.

Für Fortgeschrittene: Der auf der Ethereum-Blockchain verwendete Datenstandard für NFTs heißt ERC-721. Eine wichtige Rolle spielen sogenannte Smart Contracts, digitale Verträge, die ähnlich wie eine Software funktionieren und Daten verarbeiten können. Wer einen eigenen Smart Contract programmiert, kann auch eigenständig NFTs minten. Neben der Ethereum-Blockchain werden auch weitere Blockchains wie Tezos oder Flow für NFTs genutzt.

Risiken beim Handel mit NFTs

Der NFT-Markt ist größtenteils unreguliert, was in gewissen Bereichen zu Problemen führen kann. Zum einen kann beim Kauf auf einer unseriösen Handelsplattform etwas schiefgehen. Im Internet kursieren viele Berichte über Betrug, oft zum Stichwort NFT-Scam oder NFT-Abzocke. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Projekt Evolved Apes, bei dem Kunden Affen ersteigerten, um sie später in einem Computerspiel einzusetzen. Dazu kam es allerdings nie: 2021 verschwanden die Hintermänner des Projekts mit 2,7 Millionen US-Dollar, die sie von Anlegern eingesammelt hatten. Das angekündigte Computerspiel wurde nie realisiert.

Unklare Auktionsbedingungen können ebenfalls zu Problemen führen. Wie das ARD-Magazin Kontraste berichtete, gingen bei einer NFT-Versteigerung des deutschen Influencers Fynn Kliemann einige Bieter leer aus. Die Auktion war überraschend um eine Stunde verlängert worden, wodurch einige Höchstbietende dann doch nicht zum Zug kamen. Fast ein Drittel des Erlöses soll laut Kontraste-Recherchen darauf zurückzuführen sein, dass Kliemann seine eigenen Auktionsbedingungen in diesen Fällen nicht eingehalten hatte.

NFTs sind hoch spekulativ

Und auch wenn der NFT-Kauf erfolgreich und ohne Zwischenfälle verläuft, bleibt der zukünftige Wert eines NFTs ungewiss. Wie bei allen Sammlerstücken bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Es ist deshalb durchaus denkbar, dass auch NFT-Objekte ein Schicksal erleiden, mit dem vor der Blockchain-Ära schon „analoge“ Gemälde, Briefmarken- oder Sportkartensammlungen zu kämpfen hatten: Einige von ihnen warten seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten vergeblich auf Käufer und geraten in Galerien oder Schubladen langsam in Vergessenheit.

Einen äußerst wichtigen Aspekt bei NFTs sollte man als Investor keinesfalls unterschätzen: die Wertschwankung. Nicht nur der einzelne NFT selbst schwankt im Wert, sondern auch der Betrag in der Kryptowährung, der dafür bezahlt wird. Der Wechselkurs von Ether zu Euro ist keineswegs konstant und kann selbst in kurzen Zeiträumen stark schwanken. Selbiges gilt für die Ether-Alternativen. NFTs sollten daher in gewisser Weise wie eine doppelte Spekulation betrachtet und nur von Anlegern mit entsprechender Risikobereitschaft als Geldanlageinstrument genutzt werden.

Fazit

NFTs sind digitale Zertifikate, eine Art Mischung aus Besitzurkunde und Echtheitszertifikat. Sie verweisen auf virtuelle oder reale, einzigartige Objekte, wie zum Beispiel das Original eines digitalen Kunstwerks oder ein richtiges Gemälde. NFTs werden in einer Blockchain registriert. Man kann sie kaufen, verkaufen oder sogar selbst erstellen. Als Geldanlage sind sie hochspekulativ, da ihre zukünftige Wertentwicklung schwer vorhersehbar ist und der NFT-Markt unreguliert ist.

NFTs sollten nur dann erworben werden, wenn das zugrunde liegende Konzept verstanden wurde und die spezifischen Eigenschaften des betreffenden NFTs bekannt sind. Obwohl der Käufer in der Regel Eigentümer des NFTs wird, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass er auch Eigentümer der Datei oder des Kunstobjekts ist. Daher ist es wichtig, sich vor dem Kauf gut zu informieren und am besten eine solide Strategie für die gesamte Geldanlage zu entwickeln, bevor man sich auf dem NFT-Markt engagiert.

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