US-Leitzins bleibt unverändert
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat gestern, wie allgemein erwartet, den US-Leitzins unverändert gelassen. Zwar wünschen sich viele Marktteilnehmer niedrigere Zinsen, doch die US-amerikanische Wirtschaft ist noch nicht gut genug aufgestellt für einen solchen Schritt. Die Inflation ist noch zu weit von den angestrebten 2,0 Prozent entfernt.
Keine Zinssenkungen in den USA
Gestern ging die zweitägige Sitzung der US-Notenbank zu Ende. Die vom Markt mit Spannung erwartete Entscheidung über die künftige Höhe des Leitzinses in den USA wurde am Abend bekanntgegeben: Die Fed wollte den Leitzins erneut nicht antasten. Somit bleibt er unverändert in der Spanne zwischen 5,25 Prozent und 5,50 Prozent.
Diese Entscheidung kam nicht überraschend. Fast niemand am Markt hatte mit einem anderen Ergebnis gerechnet. Es ist nun schon das siebte Mal in Folge, dass die Fed die Zinsen nicht anrührt. Das Zinsniveau bleibt weiterhin hoch. Der Zinssatz, den Geschäftsbanken bezahlen, wenn sie sich von der Zentralbank Geld leihen, stagniert auf dem höchsten Niveau seit rund 20 Jahren.
EZB hat den ersten Schritt schon getan
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bei ihrer letzten Sitzung in der vergangenen Woche die Zinswende in Europa eingeleitet. Sie senkte die Leitzinsen um 0,25 Prozent. Es gab für diesen Schritt allerdings nicht nur Zustimmung im Markt.
Die Fed wird sich damit wohl noch Zeit lassen. Fed-Chef Jerome Powell erklärte, dass es noch eine Weile dauern kann, bis die Fed das nötige Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung hat, um ruhigen Gewissens mit der Lockerung der Geldpolitik zu beginnen. Er betonte, dass er zwar nicht wisse, was die Zukunft bringt, aber dass er mit den Fortschritten bei der Inflationsbekämpfung zufrieden sei und den derzeitigen Kurs deshalb beibehalten möchte.
Die jüngste Wirtschaftsprognose der US-amerikanischen Zentralbank deutet zwar nach wie vor darauf hin, dass sie in diesem Jahr die Zinsen möglicherweise noch senken wird, allerdings reduzierte die Fed die Anzahl der Zinssenkungsschritte, die sie dieses Jahr noch gehen will, auf maximal einen. Zuletzt war immer von drei Zinsschritten mit je 0,25 Prozentpunkten die Rede gewesen. Die Entscheider der Fed kalkulieren inzwischen vorsichtiger und rechnen für dieses Jahr mit einem durchschnittlichen Leitzins von 5,1 Prozent, was mit nur einem Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten möglich wäre. Im März war noch von 4,6 Prozent die Rede gewesen.
Kampf gegen die Inflation
Im Kampf gegen die galoppierende Inflation hatte die Notenbank ihren Leitzins seit März 2022 in rasendem Tempo um mehr als fünf Prozentpunkte angehoben. Auf diesem hohen Niveau beließ sie den US-Leitzins unverändert – nun bereits für mehrere Monate. Die Inflationsrate, die im Sommer 2022 noch mehr als 9 Prozent betrug und damit den höchsten Stand seit rund vier Jahrzehnten erreicht hatte, sank seit diesen Zinserhöhungen deutlich. Die Preise steigen zwar immer noch, aber mittlerweile viel langsamer. Das 2-Prozent-Ziel der Fed befindet sich aktuell aber noch außer Reichweite.
US-Arbeitsministerium meldet Rückgang der Inflation
Im Laufe des gestrigen Tages veröffentlichte auch das US-Arbeitsministerium die wöchentlichen Preis- und Arbeitsmarktdaten. Die Zahlen fielen diesmal überraschend positiv aus. Die Inflation hat sich wider Erwarten etwas abgeschwächt. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Mai 2023 um 3,3 Prozent. Im April waren es noch 3,4 Prozent gewesen. Analysten waren für den Monat Mai von einer unveränderten Inflationsrate ausgegangen.
Fed schätzt die Wirtschaft etwas pessimistischer ein
In den Wirtschaftsprognosen der Notenbank selbst fällt auf, dass die Schätzungen der Inflationsrate etwas pessimistischer ausfallen. Die Fed rechnet heute damit, dass in den USA die Verteuerung in diesem Jahr etwas höher liegen wird und zwar bei durchschnittlich 2,6 Prozent (März: 2,4 Prozent). Für das kommende Jahr 2025 geht sie von einer Inflationsrate von 2,3 Prozent aus (März: 2,2 Prozent) und die Kerninflation, bei der Lebensmittel- und Energiepreise keine Berücksichtigung finden, soll dieses Jahr 2,8 Prozent (März: 2,6) betragen.
Fed-Chef Powell bezeichnete die Prognosen zur Inflation als „konservativ“. Er stufte die Zahlen als „gut“ ein, aber nicht als „großartig“. Sollte es in den nächsten Monaten weitere positive Inflationsdaten aus dem US-Arbeitsministerium geben, wollte er nicht ausschließen, dass sich die Prognose auch wieder bessert.
An ihrer Konjunkturprognose für die USA hielt die US-Notenbank unverändert fest. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft wird ihrer Einschätzung nach in diesem Jahr um 2,1 Prozent wachsen. Diese Zahl wurde bereits im März prognostiziert. Der Druck auf die Fed, dass sie die Zinsen möglichst schnell senken soll, dürfte sich dank der aktuellsten Zahlen nun abschwächen. Dank des robusten Wachstums kann die US-Notenbank es sich erlauben, weiterhin in der Beobachterposition zu verharren.
Reduzierte Erwartungen auch in den Märkten
Ursprünglich hatte die US-Notenbank für dieses Jahr drei Zinssenkungen von jeweils 0,25 Prozentpunkten angedacht. Damit rechnet mittlerweile so gut wie niemand mehr. Die Zahl wurde erst auf zwei und später auf eine reduziert. Zwischendurch gingen die Experten vereinzelt sogar davon aus, dass es 2024 zu gar keinen Zinssenkungen kommen wird. Die neuen Zinsprognosen der Fed schüren erneut die Hoffnung, dass es zumindest für eine kleine Zinssenkung reichen wird.
Doch die starken US-Arbeitsmarktzahlen und die anhaltende Inflation sind nicht das, was die Fed brauchen würde, um sicher zu sein, dass die Zeit für Zinssenkungen gekommen ist. Also bleibt der US-Leitzins unverändert.
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