Kaum IPOs in diesem Jahr

Der Markt für Börsengänge ist in diesem Jahr fast zum Erliegen gekommen. Immer weniger Unternehmen wagen diesen Schritt. Kaum IPOs, aber dafür andere erfolgversprechende Strategien sind es, die das Rennen machen.

Börsendebütanten zögern

An den Börsen herrscht Flaute, was die IPOs betrifft. Immer weniger Unternehmen wagen den Schritt an die Börse. Das ist ein weltweites Phänomen, gilt aber besonders für Deutschland. Die letzten beiden erfolgreichen Börsengänge legten der Autohersteller Porsche und der Rüstungskonzerns Renk aufs Börsenparkett. Die beiden liegen Monate bzw. fast zwei Jahre zurück. Der bislang letzte richtig große Börsengang Ende März 2024 floppte: der der Einzelhandelskette Douglas. 

Trotz guter Stimmung an den Börsen und damit verbundener guter Ertragsaussichten zögern die Börsenneulinge. Christoph Schallast, Professor an der privaten Universität Frankfurt School, sieht darin keinen Widerspruch. Er glaubt, dass es einen Zusammenhang gibt, und zwar mit der Tatsache, dass Börsengänge mindestens ein halbes Jahr Vorbereitung brauchen. In Zeiten von Multikrisen ist es extrem schwierig vorherzusagen, ob wieder etwas passiert, und es ist sehr herausfordernd, ein gutes Zeitfenster zu finden. Schließlich kann die Nachrichtenlage eine vermeintlich gute Gelegenheit binnen weniger Stunden ins Gegenteil verkehren.

Unternehmen fahren Doppelstrategie

Die aktuellen, unsicheren Zeiten sind ein Grund für die wachsende Zurückhaltung der Unternehmen. Immer mehr verfolgen eine Doppelstrategie. Das bedeutet, dass ein Börsengang nicht mehr unbedingt die erste Wahl ist. Die Unternehmer vergleichen, wo sich der beste Preis oder die beste Bewertung ergibt. Das kann durchaus der Börsengang sein, aber eben auch der Verkauf an einen strategischen Investor. Es gibt also Alternativen, das ist strategisch richtig. Und der Börsengang ist dann nur eine von diversen Möglichkeiten.

Sunrise Medical hat sich beispielsweise gegen die Börse entschieden, und auch der Arzneimittelhersteller Stada verfolgt nach Informationen der Frankfurt School eine Doppelstrategie. Ein Börsengang ist noch nicht ausgeschlossen. Wenn die Entscheidung dann dafür gefallen ist, steht die Wahl des Standorts auf der Agenda. Nicht immer, aber doch sehr häufig hat die Wall Street hier die Nase vorn. Der Impfstoffhersteller BioNTech entschied sich für New York und nicht für Frankfurt. Der Sandalenhersteller Birkenstock hat es genauso gemacht. 

Stefan Riße vom Vermögensverwalter Acatis erklärt, dass es zwischen Deutschland und den USA gravierende Unterschiede gibt. In Deutschland mangelt es immer noch an der Aktienkultur, denkt er. Bei den Amerikanern ist das ganz anders: Sie sparen bereits seit Jahrzehnten in Aktien.

Anteilsscheine rutschen sehr oft unter den Ausgabepreis

Allen Unsicherheiten zum Trotz: Es gibt eine Handvoll Unternehmen, die in den Startlöchern stehen. Stada, der Mobilitätsdienstleister DKV Mobility, das Reiseunternehmen Flix, der chinesische Versandhändler Shein und auch das Softwareunternehmen Databricks liebäugeln mit einem IPO. Mit ihnen würden Glamour und Partystimmung auf dem Börsenparkett Einzug halten, und vielleicht auch in den Portfolios. Doch die bittere Wahrheit ist: In der jüngsten Vergangenheit sind die Aktien der Börsendebütanten fast immer unter ihren Ausgabepreis gefallen. Selbst die Anteilsscheine von Porsche, die es mittlerweile sogar schon in den DAX geschafft haben, sind heute deutlich günstiger als beim Börsengang.

Fehlstart auch bei Douglas

Die Parfümerie-Kette Douglas kehrte im März an die Börse zurück, doch der Neustart ist misslungen. Nach einem schwachen Einstieg geriet die Aktie zunehmend unter Druck und notierte am Ende des ersten Handelstages deutlich unter dem Ausgabepreis. Ein fulminantes Comeback an der Börse sieht anders aus. 

Die Aktien der Parfümeriekette starteten mit 25,50 Euro in den Xetra-Handel, womit sie bereits unter dem Ausgabepreis von 26,00 Euro lagen. Vom ersten Handelstag an ging es bergab. Inzwischen notiert das Papier nach einigen Schwankungen bei rund 18,00 Euro. Den Ausgabepreis konnte es bislang noch nicht wieder erreichen.

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