Erneute Leitzinssenkung im Euroraum
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) lockerte heute erwartungsgemäß die Geldpolitik und entschied sich für eine Leitzinssenkung im Euroraum. Der Zinssatz für Bankeinlagen bei der EZB sinkt um 25 Basispunkte auf 3,50 Prozent. Dies ist nach der Senkung um 25 Basispunkte im Juni nun der zweite Zinsschritt. Den Hauptrefinanzierungssatz senkten die Zentralbanker von 4,25 auf 3,65 Prozent und den Spitzenrefinanzierungssatz 4,50 auf 3,90 Prozent. Damit änderte die EZB auch den Leitzinskorridor, so wie es der EZB-Rat bereits im März beschlossen hatte. Der Abstand zwischen Einlagensatz und Hauptrefinanzierungssatz hat sich somit nach der heutigen Ratssitzung von 50 auf 15 Basispunkte verringert.
Geldpolitik bleibt vorerst restriktiv
In Hinblick auf die zukünftige Zinsentwicklung erklärte der EZB-Rat, er sei entschlossen, sicherzustellen, dass die Inflation rechtzeitig zum mittelfristigen Ziel von 2 Prozent zurückkehrt. Die Leitzinsen sollen so lange ausreichend restriktiv gehalten werden, wie dies zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei.
Laut Mitteilung plant der EZB-Rat weiterhin einen datenbasierten Ansatz zu verfolgen und von Sitzung zu Sitzung über das angemessene Ausmaß und die Dauer der geldpolitischen Straffung entscheiden. Die Zinsentscheidungen werden vor allen Dingen darauf beruhen, wie der Rat die Inflationsaussichten im Zusammenhang mit den eingehenden Wirtschafts- und Finanzdaten, die Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und die Stärke der geldpolitischen Transmission einschätzt. Auf einen bestimmten Zinspfad legte sich der EZB-Rat nicht fest.
EZB-Ökonomen erhöhen Prognose für die Kerninflation
Der volkswirtschaftliche Stab der Europäischen Zentralbank (EZB) hat seine Kerninflationsprognose leicht angehoben und gleichzeitig die Wachstumsprognose leicht gesenkt. Die Gesamtinflation im Jahr 2025 sieht er weiterhin in der Nähe seiner Definition von Preisstabilität.
Für 2024 rechnet die EZB nach wie vor mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,5 Prozent. Im Jahr 2025 soll die Inflation dann bei 2,2 Prozent und im Jahr 2026 bei 1,9 Prozent liegen. Die neuen Prognosewerte für die Kerninflation liegen bei 2,9 (2,8), 2,3 (2,2) und 2,0 (2,0) Prozent.
Einstimmiger Beschluss
Nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat der Rat der Europäischen Zentralbank einstimmig beschlossen, einen kleinen Zinsschritt zu gehen und den Einlagensatz um 25 Basispunkte zu senken. Auch hinsichtlich der Einschätzung, dass die Inflation rechtzeitig in Richtung des EZB-Ziels sinken werde, seien sich alle einig gewesen.
Der Rat traf keine Aussagen über den weiteren Zinspfad, sondern betonte vielmehr, dass die Geldpolitik weiterhin von Wirtschaftdaten abhängig sei und man von Sitzung zu Sitzung entscheiden werde.
Das angestrebt Inflationsziel liegt bei 2 Prozent. Der Rat möchte seine restriktive Geldpolitik lange genug verfolgen, um dieses Ziel rechtzeitig zu erreichen.
Abwärtsrisiken für Wachstum
Nach den Worten von EZB-Präsidentin Christine Lagarde sieht der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) weiterhin ein gewisses Risiko, dass das Wirtschaftswachstum schwächer ausfällt als erwartet. Auf der Pressekonferenz nach der EZB-Ratssitzung erklärte sie, dass die Wachstumsrisiken abwärts gerichtet seien. Zuvor hatten die EZB-Volkswirte ihre Wachstumsprognosen für 2024 und 2025 leicht gesenkt.
Lagarde erklärte, dass die EZB davon ausgehe, dass sich der Aufschwung mit der Zeit verstärkt. Die Inflation dürfte zwar Ende dieses Jahres erneut steigen, in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres aber wieder sinken.
Kaum Reaktion beim DAX
Der DAX reagierte tendenziell negativ auf die Zinsentscheidung. Er blieb jedoch im Plus und legte auch nach Bekanntgabe des Zinsentscheids wieder zu. Zwischenzeitlich rutschte er unter die Marke von 18.500 Punkten, was vermutlich den Äußerungen Lagardes geschuldet war. Letztlich beendete er den Tag mit einem Plus von 1,03 Prozent bei 18.518,39 Punkten.
Bundesbank warnt vor rascher Lockerung
Die sinkende Inflation im Euroraum gibt den Währungshütern Spielraum für Zinssenkungen. Sie nähert sich dem mittelfristigen Ziel der EZB von zwei Prozent: Im August sank sie auf 2,2 Prozent im Jahresvergleich, so niedrig war sie zuletzt im Sommer 2021. Auch die Inflation in Deutschland ging zuletzt deutlich zurück. Im August lag sie bei 1,9 Prozent.
Im Juni leitete die EZB die Zinswende ein und senkte die Leitzinsen zum ersten Mal seit der Inflationswelle. Im Juni war es ein vorsichtiger, kleiner Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte. Die Kerninflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel, die bei Ökonomen viel Beachtung findet, hält sich im Euroraum allerdings hartnäckig: Im August sank sie nur ganz leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 2,8 Prozent. Vor diesem Hintergrund warnt die Bundesbank vor einer zu schnellen Lockerung der Geldpolitik.
EZB-Zinspolitik und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft
Für die EZB ist die Geldpolitik eine Gratwanderung. Hohe Zinsen verteuern Kredite, was die Konjunktur bremsen und die Inflation dämpfen kann. Gleichzeitig sind teure Kredite eine Belastung für Unternehmen und Privatpersonen, die sich Geld bei den Kreditinstituten leihen. Senkt die EZB wiederum die Zinsen zu schnell, riskiert sie, dass die Inflation wieder anzieht. Die große Herausforderung besteht deshalb darin, hier das richtige Gleichgewicht zu finden.
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