VWs Rivian-Deal wirft Fragen auf

VW steht derzeit unter strenger Beobachtung. Der Autobauer steckt tief in der Krise und überlegt, Werke zu schließen und Mitarbeiter zu entlassen. Gleichzeitig ist ein milliardenschwerer Rivian-Deal in Planung. VW will beim US-amerikanischen Elektroautobauer einsteigen. Das wirft Fragen auf.

Sparpläne zur Kostensenkung

Beim Wolfsburger Autoriesen Volkswagen häufen sich in den vergangenen Monaten die Probleme. Deutliche Kostensenkungen sollen dem Autobauer nun wieder zu einer stabilen Performance verhelfen. Da stellt sich die Frage, wie eine Investition in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar in Rivian damit vereinbar ist.

Die Situation bei Deutschlands größtem Automobilkonzern Volkswagen hat sich in jüngster Zeit immer mehr zugespitzt. Vor wenigen Tagen gab das Unternehmen sogar bekannt, dass im Rahmen der konzernweiten Bemühungen zur Kostenreduktion auch Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht länger ausgeschlossen werden können. Die mit dem Betriebsrat geschlossene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung wurde aufgekündigt. Darin war geregelt, dass betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausgeschlossen sind.

Die Unternehmensleitung begründete diese Maßnahmen mit der Notwendigkeit einer umfassenden Restrukturierung, um die angestrebten Einsparziele zu erreichen.

Kosteneinsparungen und Milliardeninvestition – wie lässt sich das vereinbaren? 

Insbesondere die Kernmarke VW bereitet dem Autobauer Sorgen. Laut Konzernchef Oliver Blume ist dort die Lage so ernst, dass man nicht einfach weitermachen könne wie bisher. Konkret wies er auf den Rückgang der Fahrzeugverkäufe in Europa sowie die zunehmende Konkurrenz durch neue Wettbewerber aus Asien hin, die immer stärker auf den VW-Markt drängten. 

Vor dem Hintergrund der von VW angekündigten Maßnahmen zur Kostensenkung steht das angekündigte Milliardeninvestment in den US-Elektroautobauer Rivian besonders unter Beobachtung. Das Kartellamt gab Ende Juni grünes Licht für die Einstiegspläne von Volkswagen bei den US-Amerikanern. Zunächst ist eine Kooperation in den Bereichen Software, Steuercomputer sowie Netzwerk-Architektur angedacht. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts sollen dann neue VW-Fahrzeuge auf Basis von Rivians Technologie und Software auf den Markt kommen. In das Projekt soll Volkswagen bis zu fünf Milliarden US-Dollar einbringen.

Für Rivian bedeutet diese Kooperation mit VW eine willkommene Geldspritze. Allerdings wirft die jüngst bekannt gewordene prekäre wirtschaftliche Lage von VW die Frage auf, wie die Finanzierung erfolgen kann. Auch Tesla-Chef Elon Musk kommentierte auf der Plattform X den Beitrag eines Users mit den Worten: „Wo werden sie das Geld hernehmen?“ Der User hatte das VW-Investment in Rivian zum Thema gemacht und gleichzeitig auf die drohenden Werksschließungen in Deutschland verwiesen.

Rivalität zwischen Musk und Rivian

Die Rivalität zwischen den Unternehmen Tesla und Rivian besteht bereits länger. Elon Musk äußerte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach abwertend über Rivian. Mit seinen jüngsten Aussagen stellt er jedoch erstmals die Sparbemühungen von Volkswagen in Frage.

Die beiden US-amerikanischen Automobilhersteller blicken auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Im Jahr 2020 hatte Tesla Klage gegen Rivian eingereicht. Der Vorwurf: Ex-Tesla-Mitarbeiter hätten geheime Informationen ihres früheren Arbeitgebers mit zu Rivian gebracht.

Im Februar 2024 kommentierte Musk auf X die Quartalsbilanz von Rivian, die nicht den allgemeinen Erwartungen entsprach. Er räumte ein, dass das Produktdesign nicht schlecht sei. Die eigentliche Herausforderung, um ein Autounternehmen erfolgreich zu etablieren, wäre aber das Erreichen einer profitablen Massenproduktion. Darüber hinaus prognostizierte er dem Mitbewerber bereits eine Insolvenz in rund 6 Quartalen. Eine Kursänderung schloss er zum damaligen Zeitpunkt aus.

Win-Win für beide Seiten

Die Kooperation mit Volkswagen eröffnet Rivian die Möglichkeit, eines der von Musk angesprochenen Probleme anzugehen. Die Herausforderung, eine Massenmarktproduktion an den Start zu bringen, ohne Geld zu verbrennen, könnte Rivian an der Seite von Volkswagen erfolgreich meistern. Analysten bewerten den Deal positiv. Sie bescheinigen, dass Rivian damit wahrscheinlich über das Kapital verfügen wird, um sich durchzusetzen, operative Spinnweben abzuschütteln, seiner Massenmarktpalette R2/R3 Leben einzuhauchen und eine entsprechende Größe zu erreichen.

VW hingegen löst seine Probleme im Bereich Softwareentwicklung. Die bislang im Hause Volkswagen dafür zuständige Tochter Cariad konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Der Deal mit Rivian bedeutet möglicherweise das Aus für sie.

Dass eine Kooperation zwischen Rivian und Volkswagen interessante Vorteile für beide Parteien bietet, steht also außer Frage. Die Frage, ob und wie Volkswagen diesen Milliardendeal in Anbetracht der einschneidenden Sparmaßnahmen rechtfertigen kann, bleibt offen.

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