Beim Gaspreis kennt man keine Freunde

Heute begann in der russischen Stadt Kasan der BRICS-Gipfel. Dort werden China und Russland erneut als enge Freunde auftreten. Doch es gibt auch ein Pipeline-Projekt, bei dem ein Interessenskonflikt die Freundschaft überschattet. Der Gaspreis ist der kritische Punkt.

Kraft Sibiriens 2

Anfang September war Wladimir Putin auf Staatsbesuch in der Mongolei. Damals warb er erneut für die Gaspipeline „Kraft Sibiriens 2“. Diese soll nach dem Willen Russlands russisches Gas durch die Mongolei nach China bringen. Putin betonte damals, es gehe nicht nur um den Transit russischen Gases durch die Mongolei, sondern man prüfe auch die Möglichkeit, diese Energie den mongolischen Verbrauchern zugänglich zu machen. Gazprom sei außerdem bereit, bei „praktischen Fragen der Versorgung“ zu helfen.

China bremst

Doch in der Mongolei gibt es Bedenken gegen das Projekt. Schon jetzt ist das Land energiepolitisch von Russland abhängig. Auch im Programm der mongolischen Regierungskoalition für die nächsten vier Jahre taucht die Pipeline nicht auf. Der eigentliche Bremser des Projekts ist aber wohl China. Dieser Meinung ist Rajoli Siddharth Jayaprakash von der Observer Research Foundation. Die Führung in Peking möchte den Preis drücken. Dieser liegt für Erdgas derzeit bei rund 257 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter. Außerdem verfügt China bereits über eine Pipeline, die Gas  aus Russland liefert: Sie heißt „Kraft Sibiriens 1“ und kommt aus Jakutien.

China spekuliert auf günstigere Preise

Eine weitere Pipeline würde für China angesichts der hohen Preise nicht sinnvoll sein. Also will China erst einen besseren Preis aushandeln. Es wird gemunkelt, dass China nur 60 US-Dollar zahlen will. Das ist auch der Preis, den russische Konsumenten bezahlen. 

Russland ist davon wenig begeistert, weil dann die Einnahmen deutlich sinken würden. 

Die Gespräche zwischen Russland und China über die rund 3.000 Kilometer lange Pipeline laufen schon seit rund 20 Jahren. Doch so groß wie jetzt war das Interesse der russischen Regierung am Bau noch nie. Seit dem Einmarsch in die Ukraine ist die Nachfrage europäischer Länder nach russischem Gas dramatisch gesunken. Dem Gasproduzenten Gazprom brechen massiv Einnahmen weg. Im vergangenen Jahr machte der staatlich kontrollierte Konzern einen gigantischen Verlust: umgerechnet mehr als sechs Milliarden Euro. Das Gas wäre aber da, weshalb Russland dringend neue Abnehmer sucht.

China hüllt sich in Schweigen

Die Regierung in Moskau verkündete bereits mehrfach, dass man kurz vor der Unterzeichnung eines Liefervertrags stehe. Die Chinesen hingegen schweigen beharrlich zum Projekt „Kraft Sibiriens 2“. Russland ist auch nicht der einzige Gaslieferant für China. Das Reich der Mitte bezieht auch  Gas aus Zentralasien, und zwar über vier Pipelines, von denen die wichtigste aus Turkmenistan kommt.

Dieses Gas ist zwar ein wenig teurer als russisches, aber für die chinesische Führung ist es einfach nicht sinnvoll, diese neue Pipeline zu bauen, solange kein besonders attraktives Angebot besteht.

Im Moment scheinen die Gespräche ins Leere zu laufen. Es gibt derzeit keine Garantie, dass dieses Projekt jemals realisiert wird.

Bessere Beziehungen seit Einmarsch in die Ukraine

Ihre freundschaftlichen Beziehungen haben China und Russland seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine deutlich ausgebaut. Es finden sogar regelmäßig gemeinsame Militärmanöver statt. Bislang hat Chinas kommunistische Führung den Einmarsch nicht verurteilt. Zwar liefert China keine Waffen an Russland, dafür aber sogenannte Dual-Use-Güter, die auch militärisch eingesetzt werden können. Dazu zählen zum Beispiel Drohnen oder Mikrochips. Die Volksrepublik profitiert von der Isolation Russlands. Sie liefert dem Land all das, was demokratische Staaten nicht mehr liefern, darunter auch Smartphones und Autos.

China am längeren Hebel

Schon heute verkauft Russland viel Energie nach China. Und beim Gaspreis hört die Freundschaft offenbar auf. China scheint in einer stärkeren Position zu sein. Die Chinesen brauchen die Pipeline eigentlich nicht. Bei genauerer Betrachtung basiert die Beziehung der beiden Länder nicht auf Vertrauen oder gegenseitiger Unterstützung. Beide Seiten wissen das. Für Putin war es auch ziemlich peinlich, als er nach den Wahlen in Russland zu seinen Freunden nach China kam und diese die Pipeline nicht einmal erwähnten.

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