Rekordhoch für SAP: Starke Ergebnisse beflügeln den Aktienkurs
Trotz der angespannten Wirtschaftslage in vielen Regionen verdiente Europas größter Softwarehersteller SAP im dritten Quartal deutlich mehr. Da dürfen auch die Ziele fürs gesamte Jahr höher gesteckt werden: Vorstandschef Christian Klein peilt nach den erfreulichen Quartalszahlen sowohl beim Umsatz als auch beim operativen Gewinn mehr an. Beim laufenden großen Personalumbau kommt die SAP SE mit den geplanten Neueinstellungen langsamer voran als geplant. Da SAP gleichzeitig tausende Stellen abbaut, wirkte sich diese Verzögerung positiv auf das Ergebnis aus. Gute Auswirkungen hat auch das vergleichsweise lukrative Geschäft mit Softwarelizenzen. Es schrumpfte nicht so stark wie erwartet.
Ziele für Gewinn und Umsatz nach oben korrigiert
In den Monaten Juli bis September stieg der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern im Jahresvergleich unerwartet stark an: um 27 Prozent auf 2,24 Milliarden Euro. Das teilte das DAX-Unternehmen gestern Abend nach dem US-Börsenschluss mit. Die Steigerung fiel somit deutlich höher aus, als Analysten zuvor erwartet hatten. SAP peilt bei der viel beachteten Kennziffer nun für 2024 ein währungsbereinigtes Plus von 20 bis 23 Prozent an. Bisher waren plus 17 bis 21 Prozent geplant.
Auch beim gesamten Produktumsatz nimmt sich der Walldorfer Sorftwarehersteller mehr vor. Dieser soll 2024 währungsbereinigt um 10 bis 11 Prozent wachsen. Ursprünglich standen 8 bis 10 Prozent im Plan. Ausschlaggebend ist auch hier das Lizenzgeschäft, das sich derzeit robuster zeigt als erwartet. Tatsächlich setzt Klein voll auf die Cloud-Software, die über die laufenden Abo-Gebühren über mehrere Jahre hinweg Vorteile bei der Kundenbindung und damit bei Umsatz und Gewinn bringen soll.
Die Ziele für die Cloud-Software selbst ändern sich nicht. Der Umsatz mit Cloud-Angeboten stieg im dritten Quartal um ein Viertel, und auch die vorliegenden Buchungen für die kommenden zwölf Monate nahmen spürbar zu. Insgesamt wuchs der Konzernumsatz um 9 Prozent auf 8,47 Milliarden Euro. Der Nettogewinn fiel mit 1,44 Milliarden Euro um 13 Prozent höher aus als im Jahr zuvor.
Personalumbau schreitet voran
Finanzvorstand Dominik Asam erklärte in einer Telefonkonferenz mit Journalisten, dass der Konzern im letzten Quartal des Jahres bei den Neueinstellungen etwas mehr Gas geben und so den Rückstand aufholen will. Das Umbauprogramm war Anfang des Jahres angekündigt und im Sommer nochmals verschärft worden. Es sieht vor, dass in Summe bis zu 10.000 Stellen im Konzern wegfallen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich zwar innerhalb des Konzerns auf neue Stellen bewerben, ein großer Teil wird den Konzern wahrscheinlich aber verlassen. Neueinstellungen und der jüngste milliardenschwere Zukauf des israelischen Softwarespezialisten WalkMe dürften aber bis Ende des Jahres dafür sorgen, dass die Zahl der Beschäftigten sogar leicht steigt.
Ab dem kommenden Jahr will SAP durch das Programm die Kosten spürbar senken. Aktuell rechnet man mit der Einsparung von rund 700 Millionen Euro. In diesem Jahr musste SAP bereits 2,8 Milliarden Euro an Kosten verbucht, unter anderem für Abfindungen. Bis Ende des Jahres dürften rund 3 Milliarden Euro zusammenkommen.
Mittelstand verstärkt im Visier
SAP-Chef Klein, der nach dem Abgang von Vertriebschef Scott Russell derzeit auch dessen Aufgaben übernimmt, will die Kundenansprache an das veränderte wirtschaftliche Umfeld anpassen. Dazu nimmt SAP auch verstärkt mittelständische Kunden ins Visier. Vor allem bei bestehenden und neuen Kunden in möglichst allen Branchen will man mit der gesamten Produktpalette Fuß fassen. Klein stellte weitere Einsparungen in Aussicht, denn auch im Vertrieb gibt es zu viele Rollen in der Hierarchie.
Mehr Rückenwind durch das Ergebnis des abgelaufenen Quartals erwartet Finanzvorstand Asam auch beim freien Mittelzufluss (Free Cashflow). Hier rechnet er für das Gesamtjahr nun mit 3,5 bis 4,0 Milliarden Euro. Bisher lagen die Prognosen bei rund 3,5 Milliarden Euro. Asam betonte, dass das vierte Quartal bei SAP traditionell das stärkste ist. Es entscheidet darüber, ob die eigenen Prognosen erreicht und wie realisierbar die mittelfristigen Finanzziele für das kommende Jahr sein werden.
SAP-Aktie auf Rekordhoch
Die SAP-Aktie blieb dank der überzeugenden Quartalszahlen auch am heutigen Dienstag die treibende Kraft im DAX. Im XETRA-Handel notierte die Aktie zuletzt 2,14 Prozent höher bei 215,25 Euro. Zeitweise waren sie bis auf 223,20 Euro gestiegen. Damit ging die Rekordjagd eindrucksvoll weiter.
„Ein weiteres starkes Quartal“, sind sich Analysen einig. Vor allem der Ausblick überzeugte die Anleger, schießlich rechnet SAP nun mit einem höheren operativen Gewinn. Für einige kommt diese positive Entwicklung überraschend. SAP hat die Erwartungen deutlich übertroffen. Man war allgemein von einem ausgeglichenen Quartal ausgegangen.
SAP profitiert von Megatrends
SAP lieferte die vielleicht wichtigste Zahlenvorlage der Woche. Es ist klar zu erkennen, dass der Softwarehersteller von den Megatrends Cloud Computing und Künstliche Intelligenz profitiert. Das Walldorfer Unternehmen ist auf diesem Weg nach wie vor sehr erfolgreich. Optimistische Stimmen vermuten, dass die Ziele wohl noch konservativ seien.
Angesichts des Kursanstiegs bleibt auch die Kappungsgrenze von 15 Prozent für die Gewichtung von SAP im DAX ein Thema. Diese wurde nämlich bereits erreicht.
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