Sparzinsen sinken, Kreditzinsen nicht

Im Juni senkte die EZB die Leitzinsen – zum ersten Mal seit etlichen Jahren. Seitdem sind auch die Zinsen gesunken, die es bei den Banken für Tages- und Festgeld gibt. Kreditzinsen hingegen sind teilweise sogar gestiegen.

Sinkende Sparzinsen

Sparen hat wieder an Attraktivität verloren. Spätestens seit der Leitzinssenkung vor einigen Wochen gibt es bei den Banken weniger Zinsen für Tagesgeld und Sparguthaben als davor. Einige Geldhäuser hatten die Zinssenkung sogar schon davor eingepreist. 

Eine kürzliche Analyse des Vergleichsportals Verivox zeigte: Überregionale Banken zahlen für Tagesgeldkonten im Schnitt mehr als Sparkassen und regionale Genossenschaftsbanken. Bei den Kreditzinsen für Immobilien- und Ratenkrediten gab es bislang keinen Rückgang. 

Referenzzins Einlagefazilität

Die Konditionen für Sparerinnen und Sparer hängen maßgeblich vom geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Der für sie wichtige Leitzins ist die sogenannte Einlagefazilität. Dieser Zinssatz liegt nun seit Juni bei 3,75 Prozent. Das ist der Zinssatz, den Banken für ihre Einlagen bei der Notenbank erhalten.

Bis 2022 mussten die Geldhäuser dafür jahrelang Strafzinsen zahlen. Mittlerweile bringt es ihnen wieder Geld, wenn sie überschüssige Liquidität über Nacht bei der EZB parken. Deshalb können sie auch den Sparern wieder etwas für ihre Guthaben zahlen. Sinkt allerdings der Einlagenzins, geben die Banken das an ihre Kundschaft weiter.

Die Verivox-Untersuchungen haben gezeigt, dass mindestens 64 von 765 betrachteten Geldhäusern ihre Tagesgeldzinsen gesenkt haben. Das entspricht rund acht Prozent. Überraschenderweise gab es auch Zinserhöhungen, allerdings nur bei vier Geldinstituten. 

Sparzinsen trotzdem noch attraktiv

Verivox kam zu dem Schluss, dass viele Kreditinstitute die jüngste Leitzinssenkung der EZB zeitnah an die Sparerinnen und Sparer weitergegeben haben. Auch beim Festgeld, bei dem man das Sparguthaben für einen bestimmten Zeitraum zu einem vorher festgelegten Zinssatz der Bank gibt, sanken die Zinsen der Studie zufolge direkt nach der Leitzinssenkung nur wenig: Zwar hatten die Durchschnittszinsen für bundesweit verfügbare Angebote mit zweijähriger Laufzeit im November noch bei 3,39 Prozent gelegen, aber die Institute hatten die Zinssenkung schon vor Juni eingepreist. Bereits Anfang Juni  waren die Zinsen bereits auf durchschnittliche 2,82 Prozent gesunken. Nach der Zinssenkung konnten Sparer durchschnittlich immerhin noch 2,79 Prozent bekommen. 

Die EZB wird am morgigen Donnerstag erneut über die Zinsen entscheiden. Eine Zinssenkung zum jetzigen Zeitpunkt erwartet jedoch niemand. Damit rechnen Experten erst zum Jahresende hin. Deshalb bieten viele Banken derzeit noch attraktive Zinsen auf Tages- und Festgelder.

Keine Veränderung bei den Bauzinsen

Für Kreditnehmer sieht die Situation noch weniger erfreulich aus als für die Sparer. Die Kreditzinsen haben sich nämlich trotz der Leitzinssenkungen nicht verringert. Die Untersuchungen von Verivox konnten bei der Baufinanzierung seit Juni kaum Bewegung ausmachen. Die Zinsen für Baudarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung lagen zuletzt bei 3,71 Prozent, bei 15 Jahren Zinsbindung bei 3,85 Prozent. Auch in den kommenden Wochen dürfte sich daran nichts ändern, vermuten Experten.

Die Bauzinsen haben mit der Geldpolitik der EZB nur indirekt etwas zu tun. Sie orientieren sich nämlich nicht an den Leitzinsen, sondern an der Rendite für zehnjährige Bundesanleihen. Kreditinstitute refinanzieren ihre Baufinanzierungen überwiegend über Pfandbriefe, und deren Rendite orientiert sich an den Zinsen für Staatsanleihen. Diese wiederum sind nicht an die Leitzinsen gekoppelt, sondern hängen von der Inflationsentwicklung ab. Deshalb spielen die Zinsentscheidungen der EZB nur indirekt eine Rolle.

Kreditvergabekriterien gelockert

Anders ist die Lage bei Dispo- und Ratenkrediten, mit deren Hilfe zum Beispiel ein neues Handy oder ein Auto angeschafft wird. Für diese Kreditarten sind die beiden anderen Leitzinssätze entscheidend: die Hauptrefinanzierungsfazilität und der Spitzenrefinanzierungssatz. Diese kommen zur Anwendung, wenn sich Geschäftsbanken bei der EZB Geld leihen. Auch sie wurden zuletzt um 25 Basispunkte auf 4,25 und 4,50 Prozent gesenkt.

Bei Ratenkrediten erkannte Verivox sogar einen leichten Anstieg der Zinsen. Hier wurden durchschnittlich 6,89 Prozent fällig. Dieses Phänomen erklärt sich wie folgt: Einige Banken haben nach der EZB-Zinssenkung ihre Kriterien für die Kreditvergabe gelockert. Das erleichtert Menschen mit vergleichsweise schwacher Bonität den Zugang zu Krediten. Gleichzeitig steigt aber für die Kreditinstitute das Risiko für Kreditausfälle und das kompensieren die Geldgeber mit höheren Kreditzinsen.

Kontoüberziehungen sind nach wie vor eine kostspielige Angelegenheit: Sie kosten bis zu 15,49 Prozent Zinsen.

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