NVIDIA: hervorragende Quartalszahlen und Aktienrückkauf – NVIDIA-Aktie dennoch im Minus
NVIDIA legte gestern nach dem Börsenschluss in den USA die Zahlen für das zweite Quartal vor. Diese zeigten klar, dass der Chipkonzern weiterhin enorm vom KI-Boom profitiert. Doch mit seinem Geschäftsausblick enttäuschte er die hohen Erwartungen der Wall Street. Überdies blieben einige Fragen unbeantwortet, die Änderungen im Produktionsprozess des Blackwell Chipsystems betrafen. Das bekommt die NVIDIA-Aktie zu spüren.
Reaktion der NVIDIA-Aktionäre
Zwar brach die Aktie gestern im nachbörslichen US-Handel um rund sieben Prozent ein, doch im regulären Handel am heutigen Donnerstag war das Bild schon nicht mehr ganz so düster. Im Handel an der US-Technologiebörse NASDAQ rutschte die NVIDIA-Aktie anfangs um 5 Prozent nach unten, konnte sich zwischenzeitlich etwas fangen, tauchte dann aber um rund 7 Prozent auf unter 117 US-Dollar ab. Der gestrige Schlusskurs von 125,61 US-Dollar lag heute außer Reichweite. Die Anleger schwankten heute zwischen der Konzentration auf den eigentlichen Quartalsbericht, der besser als erwartet ausgefallen war, und den möglichen Schwierigkeiten bei den Blackwell-Chips.
Analysten mehrheitlich zufrieden
Für die Quartalsbilanz von NVIDIA fanden Analysten in ersten Reaktionen überwiegend lobende Worte. Der Chipkonzern habe sehr ordentlich abgeschnitten, die Rekordeinnahmen aus Datenzentren die Markterwartungen übertroffen und auch der Ausblick auf das laufende Quartal sei sehr gut. NVIDIA erfülle weiterhin die hohen Erwartungen.
Die neue Chipgeneration Blackwell sei ein Re-Design ohne Kompromisse bei der Leistung. Positiv hervorgehoben wurde auch, dass sich NVIDIA von Blackwell im Schlussquartal mehrere Milliarden Dollar zusätzlichen Umsatz verspricht, zusätzlich zur starken Nachfrage im Bereich Rechenzentren.
Einzig die Profitabilitätsprognose war nicht ganz so gut. Einige Experten empfahlen aber, den nachbörslichen Rücksetzer als günstige Gelegenheit zum Kauf zu nutzen.
Erwartungen erneut übertroffen
NVIDIA übertraf zwar auch diesmal wieder die Umsatzerwartungen, aber nicht so deutlich wie in den Vorquartalen. Das Umsatzziel für das laufende dritte Quartal liegt deshalb nur leicht über der Konsensschätzung, aber noch innerhalb der Bandbreite der Analystenschätzungen.
Trotz der zuletzt beeindruckenden Entwicklung sehen die Analysten erste Anzeichen einer Wachstumsverlangsamung. Die Nachfrage nach KI-Lösungen insbesondere in den Bereichen Rechenzentren und Sovereign AI ist nach wie vor stark, aber es gibt mittlerweile auch negative Aspekte. So könnten etwa Engpässe bei High-Bandwidth Memory das Umsatzwachstum in den kommenden Quartalen dämpfen. Außerdem sei mit einer Normalisierung der Bruttomarge zu rechnen, was die Aktie kurzfristig ein wenig unter Druck setzen könnte. Die steigenden operativen Kosten belasten die Margen ebenfalls.
Experten denken, dass die Sparte Data Center weiter an Bedeutung gewinnen wird, aber auch mit Gegenwind rechnen muss. Mögliche Herausforderungen könnten die Blackwell-Verzögerung, die Sanktionen westlicher Staaten gegen China und die wachsende Konkurrenz sein.
Das nachlassende Wachstumstempo erklärte man sich mit dem starken Geschäft im vergangenen Jahr. Im letzten Quartal betrug die Umsatzsteigerung im Jahresvergleich noch 262 Prozent. Im jetzt berichteten Quartal stiegen sie um 122 Prozent und im laufenden Quartal dürften sie ’nur‘ noch etwa 75 Prozent zulegen. Dieser Rückgang ist allerdings lediglich dem Basiseffekt wegen der extremen Wachstumsraten vor einem Jahr geschuldet.
KI-Gewinne befeuerten Rallye
Noch vor wenigen Jahren war NVIDIA nur Computerspielern ein Begriff – als Anbieter von Grafikkarten. Doch seit man erkannt hat, dass sich die Technologie auch hervorragend für Anwendungen der künstlichen Intelligenz eignet, avancierten NVIDIA-Chips zu einer Schlüsseltechnologie für die KI-Zukunft. Der Konzern stieg zum Überflieger auf und hat nun einen Börsenwert von über drei Billionen Dollar. Allein seit Jahresbeginn kletterte der Aktienkurs um rund 150 Prozent. Davon profitieren auch viele NVIDIA-Mitarbeiter. Das Kursfeuerwerk machte sie dank ihrer Aktienpakete zu Multimillionären.
Kein anderes Unternehmen im marktbreiten US-Aktienindex S&P 500 hat in diesem Jahr so stark an Börsenwert zugelegt wie NVIDIA. In den letzten fünf Jahren konnten die Kalifornier ihren Börsenwert sogar um mehr als 3.000 Prozent steigern. Auch das gab es noch nie im S&P 500. Vor fünf Jahren, im August 2019, war das Unternehmen nur rund 100 Milliarden Dollar wert.
„Watch Party“ anlässlich des Quartalsberichts
Der aktuelle Quartalsbericht wurde mit Spannung erwartet – wie ein Großereignis, das den ganzen Markt bewegen kann. In einer Bar auf der New Yorker Sixth Avenue veranstalteten Fans sogar eine „Watch Party“. So etwas kennt man sonst nur von hochkarätigen Sportevents.
Doch anders als in den letzten Quartalen, in denen NVIDIA die Markterwartungen jedes Mal weit übertroffen hatte, blieben diesmal die großen Überraschungen aus. Die Rekordjagd ist dennoch nicht zu Ende. Der Umsatz betrug im Vorjahr 13,5 Milliarden Dollar, in diesem Jahr gut 30 Milliarden Dollar. Das ist ein Plus von 122 Prozent. Im Schnitt hatten Analysten gut eine Milliarde Dollar weniger prognostiziert. Mit diesen Zahlen knüpfte NVIDIA an die vorangegangenen drei Monate an, in denen die Erlöse um 262 Prozent in die Höhe geschnellt waren.
Der Quartalsgewinn sprang im Jahresvergleich von gut 6,2 auf knapp 16,6 Milliarden Dollar. Für das laufende Quartal stellte der Konzern einen weiteren Umsatzanstieg auf 32,5 Milliarden Dollar in Aussicht – Analysten hatten im Schnitt mit knapp 32 Milliarden Dollar gerechnet. Das würde eine Umsatzsteigerung um rund 75 Prozent im Jahresvergleich bedeuten. So mancher Experte war allerdings noch deutlich optimistischer.
Produktionsumstellung beim Blackwell Chip
Zu Medienberichten über Probleme beim nächsten Chipsystem Blackwell erklärte NVIDIA-Chef Jensen Huang, dass lediglich an der sogenannten Maske, mit deren Hilfe die Chipstrukturen auf die Halbleiterplatten aufgebracht werden, Änderungen gemacht wurden. Er beschwichtigte die besorgten Gemüter: Dieser Prozess ist mittlerweile abgeschlossen, funktionale Änderungen waren nicht notwendig.
NVIDIA will die Blackwell-Chips nach wie vor im letzten Quartal des laufenden Geschäftsjahres, das Ende Januar 2025 endet, an die Kunden ausliefern – und rechnet mit Milliardenumsätzen. Ob es durch die Veränderung des Produktionsprozesses zu Verzögerungen gegenüber den ursprünglichen Plänen kommt, ließ Huang offen.
Neue KI-Modelle verbrauchen mehr Strom
Huang bewirbt Blackwell seit Monaten als bahnbrechende Neuentwicklung. Sie soll das Trainieren von Software mit künstlicher Intelligenz viel schneller und billiger machen. Zur Veranschaulichung erklärte er bereits im März, dass der Chatbot ChatGPT mit der aktuellen NVIDIA-Generation Grace Hopper mit 8000 Chips und einem Stromverbrauch von 15 Megawatt in drei Monaten hätte trainieren können. Mit Blackwell könnte man dasselbe Ergebnis in der gleichen Zeit mit nur 2000 Chips und nur 4 Megawatt Strom erreichen.
Allerdings räumte er nun ein, dass komplexere neue KI-Modelle 20 bis 40 Prozent mehr Energie benötigen könnten als die heute verwendeten.
Huang äußerte die Vermutung, dass die heute viel beachteten Chatbots und Bildergeneratoren nur die Spitze des Eisbergs seien, was die Veränderungen durch Künstliche Intelligenz betreffe. Er geht davon aus, dass KI künftig jegliche Inhalte, die heutzutage aus Datenbanken abgerufen werden, jedes Mal neu formuliert. Eine solche Szenerie erfordert natürlich enorme Computerressourcen und Rechenleistung.
Kunden kaufen, was NVIDIA anbietet
NVIDIA erklärte erst vor kurzem, dass man keineswegs dringend auf schnelle Blackwell-Erlöse angewiesen sei, um zu wachsen. Die aktuelle Chipgeneration Hopper sei nämlich nach wie vor stark nachgefragt. Einige Marktexperten teilen diese Meinung und gehen davon aus, dass die Kunden immer genau das kaufen werden, was NVIDIA eben aktuell anbietet.
Ursprünglich wurde NVIDIA-Technologie vor allem für das Training von KI-Systemen mit riesigen Datenmengen genutzt. Inzwischen findet die NVIDIA-Technologie auch immer häufiger bei der Produktion von Inhalten mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Anwendung. Im vergangenen Quartal machte dieser Einsatzzweck schon mehr als 40 Prozent des Umsatzes von 26,3 Milliarden Dollar aus dem Geschäft mit Rechenzentren aus.
Hier könnte ein noch stabileres Geschäft für NVIDIA liegen. Das Training erfordert zugegebenermaßen eine enorme Rechenleistung, doch dieser Aufwand ist für jedes KI-Modell nur ein einziges Mal nötig.
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