Nahost-Konflikt als möglicher Treiber der Ölpreise

Seit dem Wiederaufflammen des Nahost-Konflikts durch den Überfall der Hamas im vergangenen Jahr gab es auf dem Ölmarkt nur wenige Verwerfungen. Doch die nun drohende Eskalation im Konflikt mit dem Iran könnte die Ölpreise in den nächsten Monaten in die Höhe treiben, befürchten Experten.

Kritischer Konflikt mit dem Iran 

Wenn es um die Ölpreisentwicklung geht, so richtet sich der Blick derzeit auf den Nahen Osten. Ein Jahr nach dem Terrorangriff der Hamas steht die Region am Abgrund. Der Konflikt mit dem Iran droht nun eine neue Stufe der Eskalation zu einzuläuten: Diskussionen darüber, wie wahrscheinlich ein israelischer Angriff auf die iranische Ölindustrie, auf Einrichtungen des Atomprogramms oder Luftschläge gegen die Raketenproduktion sind, mehren sich. Die iranische Regierungssprecherin warnte vor einem Flächenbrand in der Region. Der iranische Raketenangriff auf Israel in der vergangenen Woche soll das zionistische Regime ausreichend abgeschreckt haben, damit es seine Grenzen nicht überschreitet, erklärte sie. Für den Fall eines israelischen Gegenschlags hat die iranische Führung mit Vergeltung gedroht.

Rückgang der iranischen Produktion könnte Ölpreise anheizen

In den letzten Tagen stiegen die Ölpreise zunächst an, bevor die allgemein schlechte Stimmung an den Finanzmärkten auch sie nach unten zog. Diverse Experten gehen jedoch davon aus, dass die Ölpreise weiter steigen werden, wenn im Nahen Osten keine Ruhe einkehrt. Für das kommende Jahr sagen manche einen Anstieg um rund 20 US-Dollar pro Barrel voraus, wenn die iranische Produktion langfristig um 1 Million Barrel pro Tag zurückgeht. Diese Erwartung basiert auf der Annahme, dass die OPEC+ mit keiner Produktionssteigerung reagiert. Wenn wichtige OPEC+-Mitglieder wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hingegen einen Teil der Produktionsausfälle ausgleichen, dürfte der Anstieg geringer ausfallen. In einem solchen Fall dürfte der Anstieg aber immer noch knapp 10 US-Dollar pro Barrel betragen.

China und die USA spielen ebenfalls eine wichtige Rolle

Im Rahmen der jährlichen Asia-Pacific Oil Conference in Singapur wies man allerdings auch auf zwei weitere wichtige Faktoren hin: die Nachfrage aus China und eine Rezession in den USA. 

Sollte die chinesische Nachfrage weiterhin schwach bleiben, rechnen die Märkte mit einem Rückgang der Ölpreise auf 60 US-Dollar pro Barrel. 

Sollte es zu einer Rezession in den USA kommen, fallen die Prognosen noch pessimistischer aus. Schon bei einer moderaten Rezession könnte Brent auf etwa 50 US-Dollar pro Barrel fallen, warnen Expertenstimmen.

Große Sorgen wegen Konflikt mit dem Iran

Aktuell steht aber die Sorge um die Entwicklung im Nahen Osten im Fokus der Experten. Der Iran ist Mitglied der OPEC und ein wichtiger Akteur auf dem globalen Ölmarkt. Fast vier Millionen Barrel Öl produziert das Land pro Tag. Sollte die iranische Ölinfrastruktur tatsächlich Ziel israelischer Angriffe werden, sind Experten zufolge geschätzte vier Prozent des weltweiten Angebots in Gefahr.

Vor allem um die iranische Insel Kharg macht man sich Sorgen. Sie könnte zum Ziel Israels werden, weil sie für 90 Prozent der Rohölexporte des Landes verantwortlich ist. 

Eine noch größere Angst spielt ebenfalls eine gewichtige Rolle: Der jetzige Konflikt könnte der Beginn eines viel größeren sein, der den Transit durch die Straße von Hormus beeinträchtigen könnte. Die Straße von Hormus ist ein überaus wichtiger Kanal, durch den etwa ein Fünftel der täglichen Weltölproduktion fließt. Er verbindet die Rohölproduzenten im Nahen Osten mit wichtigen globalen Märkten. Der Iran hat wohl damit gedroht, die Öllieferungen über diesen Kanal zu unterbrechen, wenn es zu Angriffen auf seinen Ölsektor kommt.

Sollte es also zu einem größeren Krieg in der Nahost-Region kommen, würde Brent wahrscheinlich auf über 100 US-Dollar pro Barrel steigen. Die Gefahr einer möglichen Schließung der Meerenge könnte ihn sogar auf 150 US-Dollar pro Barrel oder mehr anheizen. Derzeit schätzt man die Gefahr eines größeren Krieges zwar als relativ gering ein, doch das Risiko von Fehlentscheidungen auf beiden Seiten bleibt hoch.

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