Wegen US-Sanktionen: Moskauer Börse stoppt den Handel mit US-Dollar und Euro

Die Moskauer Börse MOEX, die wichtigste russische Börse, hat heute den Handel mit US-Dollar und Euro ausgesetzt. Die Entscheidung dafür fiel gestern, am russischen Nationalfeiertag, unmittelbar nach Bekanntgabe der jüngsten US-amerikanischen Sanktionen, die den Geld- und Warenfluss zur Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine weiter einschränken sollen. Die Sanktionen der USA richten sich konkret gegen die Moskauer Börse (MOEX) und das Nationale Clearingzentrum (NCC). Sie haben die Aussetzung des Handels mit Währungen, Edelmetallen, Aktien und Derivaten zufolge, Transaktionen, die zuvor in Währungen wie dem US-Dollar und dem Euro abgewickelt wurden.

Einschränkungen betreffen internationale Geschäfte

Durch die Aussetzung des Handels an der MOEX mit US-Dollar und Euro sowie mit Vermögenswerten, die auf diese Währungen lauten, können Anleger diese Währungen und die genannten Vermögenswerte nicht mehr an der Börse kaufen oder verkaufen. Die mögliche Konsequenz ist eine erhöhte Volatilität und eine verringerte Liquidität auf dem russischen Markt. Diese Einschränkungen dürfte es russischen Unternehmen und Einzelpersonen erheblich erschweren, internationale Geschäfte zu tätigen. Trotz der vielen Sanktionen finden russische Rohstoffe wie Öl, Gas, Aluminium und Palladium jedoch immer noch ihren Weg auf die westlichen Märkte, einige aber mit erheblichen Einschränkungen.

Yuan stärker genutzt als US-Dollar 

Die Wechselkurse des Rubels gegenüber dem US-Dollar und dem Euro wird die russische Zentralbank dennoch weiterhin bestimmen. Sie wird dafür Bankdaten und Daten aus dem Freiverkehr nutzen. Zwar hat die russische Zentralbank ihre Goldreserven aufgestockt und sich von den „toxischen“ US-Dollars und Euros, wie die russischen Behörden sie nennen, getrennt. Doch beide Währungen sind für internationale Abrechnungen weit verbreitet, da die Gegenparteien oft den Rubel dafür nicht akzeptieren wollen. 

Aktuell ist allerdings China Russlands wichtigster Partner: Über 50 Prozent der Währungsabrechnungen werden in Yuan abgewickelt. Doch die Beschränkung des Zugangs zum US-Dollar- oder Euro-Markt kann auch die Kosten für Yuan-Abrechnungen mit ausländischen Geschäftspartnern steigen lassen.

Konkrete Auswirkungen nicht absehbar

Experten gehen davon aus, dass sich die jüngsten US-Sanktionen und auch die Reaktion Russlands mit großer Wahrscheinlichkeit negativ auf die russische Wirtschaft und die Finanzmärkte auswirken dürften. Wie stark diese Auswirkungen ausfallen werden, ist schwer einzuschätzen, zumal sie von weiteren Faktoren abhängen, beispielsweise vom Verlauf des Krieges in der Ukraine sowie anderen Maßnahmen der USA und weiterer Länder. Vertreter von russischen Banken und Unternehmen betonen, dass es nicht nur um den Zugang zu den Währungen gehe, sondern auch um die Transparenz der Wechselkurse und -ströme. Die Zentralbank rechnet bereits seit geraumer Zeit mit derartigen Sanktionen und ist gut vorbereitet. Sie plant, Wechselkurse auf der Grundlage von Bankdaten und des Freiverkehrsmarktes weiter bereitzustellen.

Rohstoffhandel läuft weiter

Trotz aller Sanktionen ist Russland nach wie vor ein wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne, vor allem was den Rohstoffhandel betrifft. Der konzentriert sich allerdings vorrangig auf den Austausch mit zwei Ländern: Indien und China. Nach Angaben des IWF war Russland im vergangenen Jahr die elftgrößte Volkswirtschaft der Welt und erwirtschaftete etwa 3,2 % des globalen BIP. Und obwohl wir eine leichte Erholung der Ölpreise, der Gaspreise in Europa und der Aluminiumpreise beobachten, dürfte dies kaum mit der Verfügbarkeit russischer Rohstoffe zusammenhängen. Fachleute gehen davon aus, dass vielmehr die Schwäche des US-Dollars dafür verantwortlich zeichnet.

Deutsche Banken reduzieren Russlandgeschäfte auf Null

Sanktionen oder deren Androhung sind ein beliebtes Mittel der Politik. Bereits Mitte Mai drohte die US-Finanzministerin Janet Yellen bei ihrem Deutschlandbesuch den deutscher Banken mit Sanktionen, sollten diese ihre Russlandgeschäfte nicht weiter drastisch einschränken. Das Ziel sei „Bis auf Null“. Neugeschäft sollte es mittlerweile keine mehr geben, doch die Abwicklung alter Bestände braucht mehr Zeit, zumal Kreditlinien in der Regel auf Jahre und Jahrzehnte ausgelegt sind.

OTC-Handel für US-Dollar und Euro

Da Banken, Unternehmen und Investoren in Russland durch die Aussetzung des Handels nicht mehr in der Lage sein werden, US-Dollar und Euro über eine zentrale Börse zu handeln, fallen auch die damit verbundenen Vorteile in Bezug auf Liquidität, Clearing und Aufsicht weg. Die beiden Währungen können stattdessen nur noch außerbörslich (OTC) gehandelt werden, bei denen Geschäfte direkt zwischen den beiden beteiligten Parteien abgewickelt werden. Diese OTC-Daten will die russische Zentralbank zur Festlegung offizieller Wechselkurse verwenden.

Ersparnisse nicht gefährdet

Viele Russen halten Ersparnisse in Dollar oder Euro, weil der Rubel in den Krisen der letzten Jahrzehnte immer wieder stark an Wert verloren hat. Diese Einlagen seien nach wie vor sicher, beteuerte die Zentralbank. Unternehmen und Privatleute sollen weiterhin US-Dollar und Euro über russische Banken kaufen und verkaufen können. Sämtliche US-Dollar und Euro, die auf den Konten und Einlagen von Bürgern und Unternehmen liegen, sollen sicher sein.

Yuan bereits jetzt meistgehandelte Währung

Doch die Sanktionen treffen bei weitem nicht alle. Ein Sprecher eines großen, nicht sanktionierten russischen Rohstoffexporteurs erklärte, dass es praktisch unmöglich sei, in Russland US-Dollar oder Euro zu bekommen und dass man sich deshalb auf den Yuan verlasse. Moskau strebt noch engere Beziehungen zu Peking an, sowohl für den Handel als auch auf politischer Ebene. Der chinesische Yuan hat deshalb den US-Dollar als meistgehandelte Währung an der MOEX bereits abgelöst. Die chinesische Währung machte im Mai 53,6 % des gesamten gehandelten Fremdwährungsvolumens aus.

Das Handelsvolumen Yuan-Rubel an der MOEX überschreitet nun regelmäßig 8 Milliarden Rubel pro Tag. Das US-Dollar-Rubel Volumen lag laut LSEG-Daten normalerweise bei etwa 1 Milliarde Rubel. Das von Euro und Rubel betrug nur etwa 300 Millionen Rubel täglich. 

Sanktionen dürften Gewinne der MOEX verringern

Der Handel mit Aktien und Geldmarktgeschäften, die in Dollar und Euro abgewickelt werden, wurden laut MOEX ebenfalls eingestellt. Die Sanktionen werden das Handelsvolumen senken und so die Gewinne der Börse belasten. Im Mai steigerte sich das gesamte Handelsvolumen an der MOEX auf 126,7 Billionen Rubel (1,43 Billionen US-Dollar). Das war ein Plus von über 30% im Vergleich zum Mai des Vorjahres. 2023 erzielte die MOEX einen Nettogewinn von 60,8 Milliarden Rubel, das entspricht einer Steigerung um 67,5 Prozent zum Vorjahr.

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