Regionale Biohöfe kämpfen ums Überleben

Während der Markt für Bio-Produkte boomt, geraten regionale Biohöfe zunehmend unter wirtschaftlichen Druck. Die Nachfrage nach biologisch erzeugten Lebensmitteln ist hoch – doch nicht alle profitieren davon. Kleine Betriebe in ländlichen Regionen sehen sich mit Herausforderungen konfrontiert, die ihre Existenz bedrohen.

Wachstum bei Bio – aber ungleich verteilt

Der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln hat in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt. Laut Branchenangaben lag er 2024 bei rund 17 Milliarden Euro – ein Anstieg, der vor allem auf das Sortiment von Supermärkten und Discountern zurückzuführen ist. Fast 70 Prozent des Umsatzes entfällt mittlerweile auf Handelsketten mit eigenen Bio-Marken. Für regionale Biohöfe bleibt hingegen immer weniger vom Kuchen übrig.

Diese Entwicklung zeigt sich auch im Pfälzer Bergland, wo der Biohof der Familie Bensel seit Generationen betrieben wird. Obwohl der Betrieb konsequent auf regionale Kreisläufe, Nachhaltigkeit und handwerkliche Qualität setzt, reicht das Einkommen kaum zum Überleben. „Wir sind ein kleiner Gemüsebauer, ein kleiner Getreidebauer – in keinem Bereich wirklich effizient“, beschreibt Lukas Bensel die prekäre Lage vieler Betriebe.

Regionale Biohöfe unter strukturellem Druck

Ein zentraler Grund für den wirtschaftlichen Druck auf regionale Biohöfe sind die Strukturen des Bio-Markts. Große Handelsketten diktieren Preise und Standards. Wer größere Mengen liefern will, muss billig produzieren – was für kleine Betriebe mit handwerklicher Ausrichtung kaum umsetzbar ist. Die ursprünglichen Ideale des ökologischen Landbaus – Qualität, Nachhaltigkeit, Regionalität – geraten so unter die Räder.

Eva Weirich Bensel bringt es auf den Punkt: „Je größere Strukturen man beliefert, desto günstiger muss es sein.“ Doch günstiger bedeutet oft auch: weniger lokal, weniger nachhaltig – und weniger fair für die Erzeuger.

Nachwuchsmangel verschärft die Krise

Hinzu kommt: Immer weniger junge Menschen wollen einen Biohof übernehmen. In Saarlouis gibt nach 345 Jahren ein weiterer Betrieb auf – mangels Nachfolger. Obwohl der Markt floriert, fehlt es an Personen, die bereit sind, unter schwierigen Bedingungen Verantwortung zu übernehmen. Der Fall des Gemüsebauers Roman Denis ist exemplarisch: Trotz voller Auftragsbücher findet sich niemand, der den Hof weiterführt.

Regionale Biohöfe stehen damit vor einem doppelten Problem: wirtschaftlicher Druck von außen und fehlende Zukunftsperspektiven von innen.

Supermärkte profitieren, kleine Höfe verlieren

Während Bioprodukte in Supermärkten allgegenwärtig sind, stagnieren die Umsätze bei Hofläden und Wochenmärkten. Laut Bundesverband Ökologische Lebensmittelwirtschaft profitieren vor allem Großunternehmen. Ihre Einkaufsstrukturen und Logistik sind auf Volumen und Preisoptimierung ausgelegt – ein System, das kleinen, regionalen Biohöfen kaum Spielraum lässt.

Tina Andres vom Bundesverband sagt: „Alle Strukturen, Auflagen und Verordnungen sind für Konzerne gestrickt.“ Die Folge: Viele regionale Biohöfe geben auf, obwohl Bio gefragt ist wie nie zuvor.

Qualität, die nicht in Zahlen messbar ist

Doch es gibt sie noch – die Hoffnungsträger. Im Naturkostladen „Ursprung“ in Kusel setzt man bewusst auf regionale Biohöfe. Betreiber Stephan Just ist überzeugt: „Wir sind bei Frischware wie Salaten und Gemüse deutlich besser als der Supermarkt.“ Kunden würden den Unterschied schmecken – und honorieren.

Die Qualität regionaler Biohöfe liegt nicht nur im Produkt, sondern im gesamten Wertschöpfungssystem: kurze Wege, transparente Herkunft, faire Arbeitsbedingungen und nachhaltige Anbaumethoden. All das kann ein Discounter nicht leisten.

Verbraucher in der Verantwortung

Ob sich regionale Biohöfe halten können, hängt maßgeblich vom Konsumverhalten ab. Wer regelmäßig im Hofladen oder auf dem Wochenmarkt einkauft, stärkt die Strukturen vor Ort. „Die meisten Haushalte kaufen gelegentlich Bio“, sagt Just. „Aber wer einmal bewusst regional kauft, kommt oft wieder.“

Für viele kleine Betriebe geht es ums Ganze. Die Entscheidung der Verbraucher, wo und wie sie Bio kaufen, hat direkte Auswirkungen auf die Existenzgrundlage hunderter Höfe.

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