Bundeskartellamt prüft Temu wegen Preisvorgaben für Händler

Das Bundeskartellamt prüft Temu wegen möglicher Wettbewerbsverstöße auf dem deutschen Online-Marktplatz. Die Bonner Behörde hat ein Verfahren gegen die Whaleco Technology Limited eingeleitet, die Temu in Europa betreibt. Im Fokus steht die Frage, ob das Unternehmen Händler in ihrer Preisgestaltung einschränkt und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.
Nach Angaben der Behörde sollen Händler auf dem deutschen Temu-Marktplatz möglicherweise an bestimmte Preisvorgaben gebunden sein. Sollte sich der Verdacht bestätigen, könnte das nicht nur die Preisbildung im Internet, sondern auch den Wettbewerb auf anderen Plattformen erheblich beeinträchtigen.
Verdacht auf unzulässige Preisbeschränkungen
Kernpunkt des Verfahrens ist der Verdacht, dass Temu Händlern Vorgaben macht, wie viel sie für ihre Produkte verlangen dürfen. Insbesondere soll es eine Regel geben, wonach die Preise maximal 85 Prozent des Betrags betragen dürfen, den ein Händler auf anderen Plattformen erzielt. Damit könnte Temu bewusst einen Preisdruck erzeugen, um seine eigene Wettbewerbsposition im Onlinehandel zu stärken.
Dass das Bundeskartellamt Temu prüft, ist keine Überraschung: Schon im Frühjahr hatte der Handelsverband Deutschland (HDE) eine Beschwerde eingereicht. Aus seiner Sicht verlieren Händler durch solche Vorgaben die Hoheit über ihre Preise – ein klarer Verstoß gegen marktwirtschaftliche Grundprinzipien.
Temu selbst betont, man halte sich an alle Gesetze der Länder, in denen das Unternehmen tätig sei, und wolle mit den Behörden zusammenarbeiten.
Erfolg und Kritik: Temu im Spannungsfeld
Temu ist in Deutschland erst seit 2023 aktiv, hat sich aber rasant zum Massenphänomen entwickelt. Mit über 100 Millionen monatlichen Nutzern in Europa gehört die Plattform mittlerweile zu den meistbesuchten Online-Marktplätzen. Die App lockt mit extrem günstigen Preisen, blitzschnellen Aktionen und einer spielerischen Nutzeroberfläche.
Doch der Erfolg hat Schattenseiten. Während das Bundeskartellamt Temu prüft, laufen auch auf europäischer Ebene Untersuchungen gegen das Unternehmen. Die EU-Kommission kritisiert mangelnde Transparenz, Sicherheitsrisiken und unzureichende Qualitätskontrollen. Immer wieder tauchen Produkte auf, die nicht den EU-Sicherheitsstandards entsprechen – von Elektronik bis zu Babyspielzeug.
Zudem werfen Verbraucherschützer Temu unfaire Geschäftspraktiken vor. Durch aggressive Preisstrategien und hohe Rabatte könnten kleinere Händler vom Markt verdrängt werden. Die Plattform selbst argumentiert, sie biete lediglich einen „offenen Marktplatz“ und ermögliche so günstige Angebote für Verbraucher.
Was das Verfahren für den Onlinehandel bedeutet
Dass das Bundeskartellamt Temu prüft, gilt als Signal an den gesamten Onlinehandel. In Zeiten, in denen chinesische Plattformen wie Temu oder Shein den europäischen Markt dominieren, rückt die Frage nach fairen Wettbewerbsbedingungen zunehmend in den Vordergrund.
Sollte das Kartellamt zu dem Schluss kommen, dass Preisvorgaben tatsächlich bestehen, drohen dem Betreiber empfindliche Strafen und Auflagen. Gleichzeitig könnte das Verfahren eine Debatte über Markttransparenz und Verbraucherschutz im digitalen Handel neu anstoßen.
Für die deutschen Händler steht dabei viel auf dem Spiel: faire Margen, Wettbewerbsgleichheit – und das Vertrauen in einen Online-Markt, der von internationalem Preisdruck geprägt ist.
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