„Kostenlose“ Lidl-App – trotz Datennutzung

Die „kostenlose“ Lidl App sorgt bei der Rechtsprechung zur Transparenz von digitalen Angeboten für Aufmerksamkeit. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass der Discounter seine Lidl-App als kostenlos bewerben darf – auch wenn die Nutzung mit der Weitergabe persönlicher Daten verbunden ist. Die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands wurde abgewiesen.
Was „kostenlos“ im digitalen Raum bedeutet
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die zentrale Frage: Gilt eine App noch als kostenlos, wenn Nutzer ihre Daten bereitstellen? Die Richter legten den Preisbegriff nach geltendem deutschem und europäischem Recht aus. Demnach sei ein Preis ausschließlich ein zu zahlender Geldbetrag – die Übergabe von Daten stelle rechtlich keine geldwerte Gegenleistung dar. Damit sei die Werbung mit dem Begriff „kostenlose“ Lidl-App zulässig und nicht irreführend.
Gleichzeitig wurde deutlich gemacht, dass Anbieter wie Lidl nicht verpflichtet sind, einen sogenannten Gesamtpreis anzugeben, da keine klassischen Kosten im Sinne des Preisangabenrechts entstehen. Die digitale Nutzung gegen Daten sei rechtlich ein anderes Konstrukt – aus Sicht der Gerichte jedoch nicht als Preis zu behandeln.
Treueprogramme mit App-Anbindung
Die Lidl-App ist Teil eines umfangreichen Treueprogramms, das Kundinnen und Kunden gezielt mit Rabatten und Sonderaktionen versorgt. Nutzende erhalten regelmäßig Coupons, Aktionsangebote und Produktvorschläge – personalisiert auf Basis ihres bisherigen Kaufverhaltens. Diese Praxis ist im Einzelhandel weit verbreitet. Auch Wettbewerber wie Rewe, Edeka oder Aldi setzen auf digitale Kundenbindung per App.
Laut früheren eigenen Angaben nutzen 100 Millionen Menschen weltweit bereits die „kostenlose“ Lidl-App. Damit zählt das System zu den größten digitalen Kundenbindungsplattformen in Europa. Die Analyse des Nutzerverhaltens ermöglicht es dem Unternehmen, Angebote individuell auszusteuern und das Kaufverhalten gezielt zu beeinflussen.
Datenschutz im Fokus
Die Diskussion um die „kostenlose“ Lidl-App zeigt die wachsende Sensibilität beim Thema Datenschutz. Zwar ist die Preisgestaltung juristisch geklärt, doch gesellschaftlich bleibt die Frage offen, welchen Wert persönliche Daten im digitalen Handel tatsächlich haben. Für viele Nutzende steht fest: Auch wenn kein Geld fließt, ist die App nicht ohne „Kosten“.
Die Entscheidung des OLG Stuttgart ist nicht rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof könnte sich in der nächsten Instanz erneut mit der rechtlichen Einordnung befassen. Bis dahin darf Lidl weiterhin mit dem Begriff „kostenlos“ werben – auch wenn Daten fließen.
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