EuGH-Urteil Abgasskandal: Gerichte müssen angemessene Entschädigung prüfen

EuGH-Urteil Abgasskandal: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Rahmen des Abgasskandals ein wegweisendes Urteil gefällt. Dabei stellte er klar, dass nationale Gerichte zwar Obergrenzen für Schadenersatz festlegen dürfen, dieser jedoch in jedem Fall angemessen sein muss. Das Urteil dürfte erhebliche Auswirkungen auf laufende Verfahren haben – insbesondere in Deutschland, wo noch tausende Diesel-Klagen anhängig sind.

EuGH-Urteil Abgasskandal Hintergrund

Das Landgericht Ravensburg hatte den EuGH eingeschaltet, um zentrale Rechtsfragen zur Höhe von Schadenersatzansprüchen zu klären. Anlass war unter anderem die Klage eines VW-Kunden, der 2016 einen VW-Bus mit Dieselmotor und unzulässiger Abschalteinrichtung erworben hatte. Der Fall steht exemplarisch für zahlreiche Verfahren gegen Volkswagen und andere Hersteller.

Bislang orientierten sich viele deutsche Gerichte an einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2023: Wer sein manipuliertes Fahrzeug weiter nutzt, erhält zwischen fünf und maximal 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises als Ausgleich. Dabei wird der sogenannte Nutzungsvorteil – also die gefahrenen Kilometer – vom Schadenersatz abgezogen. Für viele Kläger bedeutete dies de facto das Aus ihrer Ansprüche, sobald eine hohe Laufleistung erreicht war.

EuGH betont Einzelfallprüfung

Das EuGH-Urteil Abgasskandal bestätigt zwar grundsätzlich die Möglichkeit einer prozentualen Begrenzung, fordert aber ausdrücklich eine Einzelfallprüfung. Entscheidend sei, dass die Entschädigung den tatsächlichen Schaden widerspiegelt. Eine starre Obergrenze könne in manchen Fällen zu einer unangemessenen Kürzung führen.

Besonders relevant ist diese Aussage für Fahrzeuge, bei denen nachträglich ein Software-Update zur Abgasreinigung aufgespielt wurde. Der EuGH stellte klar: Wird dabei ein unzulässiges Thermofenster installiert, liegt ebenfalls ein Anspruch auf Schadenersatz vor.

Mögliche Auswirkungen auf deutsche Diesel-Verfahren

Obwohl Volkswagen in einer ersten Stellungnahme die Auswirkungen für überschaubar hält, zeigt die Praxis ein anderes Bild. Derzeit sind noch tausende Verfahren vor deutschen Gerichten offen, die vom EuGH-Urteil Abgasskandal betroffen sein könnten. Vor allem in Fällen mit hoher Kilometerleistung könnte das Urteil zu neuen Chancen für Kläger führen.

Rechtsexperten gehen davon aus, dass nun detailliertere Gutachten nötig werden, um den tatsächlichen Schaden in jedem Einzelfall zu ermitteln. Dies könnte die Verfahren zwar verlängern, aber auch zu höheren Entschädigungssummen führen.

Bedeutung für Verbraucher und Autohersteller

Für Verbraucher stärkt das EuGH-Urteil Abgasskandal die Position gegenüber großen Autoherstellern. Wer bislang aufgrund der Kilometeranrechnung leer ausging, könnte nun bessere Chancen haben. Autohersteller hingegen müssen sich auf eine differenziertere Prüfung ihrer Entschädigungsangebote einstellen.

In der politischen Debatte dürfte das Urteil ebenfalls Resonanz finden, da es den Spielraum nationaler Gerichte in Verbraucherschutzfragen präzisiert. Gerade im Hinblick auf zukünftige Produkthaftungsfälle könnte diese Auslegung des EU-Rechts von Bedeutung sein.

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