Chemieindustrie Deutschland unter Druck

Die Chemieindustrie Deutschland steht vor einer der größten Herausforderungen seit Jahrzehnten. Sinkende Aufträge, schwache Weltkonjunktur und zunehmende Standortprobleme haben die Hoffnungen auf eine schnelle Erholung zunichte gemacht. Der Branchenverband VCI rechnet erst im kommenden Jahr mit einem spürbaren Aufschwung.

Produktion und Umsatz im Minus

Im ersten Halbjahr 2025 ging die Produktion in der chemisch-pharmazeutischen Industrie um ein Prozent zurück. Der Umsatz sank um 0,5 Prozent auf 107 Milliarden Euro. Besonders hart trifft es den reinen Chemiebereich, während die Pharmasparte zulegen konnte. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2018 liegt die Produktion der Chemieindustrie Deutschland rund 15 Prozent niedriger, im reinen Chemiegeschäft sogar um 20 Prozent.

Auftragsmangel als Kernproblem

Mehr als 40 Prozent der Unternehmen im Verband melden einen gravierenden Auftragsmangel. Die Auslastung der Produktionsanlagen liegt mit 80 Prozent seit drei Jahren unter der Rentabilitätsschwelle. Große Konzerne wie BASF, Covestro und Brenntag haben ihre Jahresprognosen nach unten korrigiert – eine Folge der schwachen globalen Nachfrage, geopolitischer Spannungen und zusätzlicher Belastungen durch internationale Handelspolitik.

Gefahr einer Abwärtsspirale

Die Chemieindustrie Deutschland sieht sich mit einer Entwicklung konfrontiert, die langfristig den gesamten Standort schwächen könnte. Steigende Insolvenzen, Investitionsverlagerungen ins Ausland und zunehmende Abhängigkeit von Importen bilden eine gefährliche Kombination. Branchenexperten warnen, dass dies eine Abwärtsspirale in Gang setzen könnte, aus der sich der Sektor nur schwer befreien kann.

Deindustrialisierung als reale Gefahr

Im internationalen Vergleich fällt auf, dass Deutschland als einziges OECD-Land seit 2018 kein Wachstum in der Industrie verzeichnet. Für die Chemieindustrie Deutschland bedeutet dies einen deutlichen Wettbewerbsnachteil. Andere Standorte profitieren von niedrigeren Energiekosten, schnelleren Genehmigungsverfahren und steuerlichen Anreizen – Faktoren, die hierzulande oft fehlen.

Bürokratie als Investitionshemmnis

Ein zentrales Problem bleibt die hohe Bürokratielast. Laut ifo-Institut kostet sie die deutsche Volkswirtschaft jährlich rund 146 Milliarden Euro. Langwierige Genehmigungsprozesse und komplexe Vorschriften erschweren Investitionen und Innovationsprojekte. Für die Chemieindustrie Deutschland bedeutet das: Projekte dauern länger, Kosten steigen, und internationale Wettbewerber können schneller agieren.

Chancen auf eine Wende

Trotz der angespannten Lage gibt es Signale für Veränderung. Zwei Drittel der Unternehmen sind bereit, wieder stärker zu investieren – unter der Bedingung, dass sich die Standortfaktoren verbessern. Die Bundesregierung hat ein Sofortprogramm angekündigt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Deutschland als führenden Chemie- und Pharmastandort zu positionieren.

Masterplan gefordert

Die Branche fordert einen umfassenden Masterplan, der Energiepreise, Genehmigungsprozesse, steuerliche Anreize und Forschungsausbau gleichermaßen berücksichtigt. Nur mit einer abgestimmten Strategie zwischen Politik und Wirtschaft lässt sich die Chemieindustrie Deutschland wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad bringen.

Bedeutung für Wirtschaft und Arbeitsmarkt

Mit rund 480.000 Beschäftigten und einem hohen Anteil an Exporten ist die Chemieindustrie Deutschland ein zentraler Pfeiler der Volkswirtschaft. Ein anhaltender Abschwung würde nicht nur Unternehmen, sondern auch Zulieferer, Logistik und Forschungseinrichtungen treffen. Die Stabilisierung dieses Sektors ist daher von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung.

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