Bullenmarkt für US-Aktien feiert zweiten Geburtstag – hält der Aufwärtstrend an?
Morgen erlebt der Bullenmarkt für US-Aktien seinen zweiten Jahrestag. Trotz der vielen geopolitischen Spannungen und der hohen Bewertungen sind kaum Anzeichen einer Verlangsamung zu erkennen. Experten sehen sogar positive Signale für eine Fortsetzung der Hausse.
US-Aktien-Bullenmarkt feiert seinen zweiten Geburtstag
Am 12. Oktober 2022 erreichte der S&P 500 seinen Tiefststand von 3.577,03 Punkten. Seit damals ist der Index um mehr als 60 Prozent gestiegen. So rasche Gewinne haben die wenigsten Finanzexperten erwartet, weshalb diverse Wall-Street-Unternehmen ihre Jahresendprognosen wiederholt anpassen mussten, um Schritt zu halten.
Die Zahlen zeigen einen Bullenmarkt, der trotz leichter Turbulenzen in den letzten drei Monaten immer noch kaum Anzeichen einer Verlangsamung aufweist. Der CBOE Volatility Index (VIX), der oft als „Angstbarometer“ der Wall Street bezeichnet wird, erreichte am 5. August dieses Jahres aufgrund des globalen Börsencrashs seinen höchsten Stand seit März 2020. Kurz danach zogen die Aktienkurse aber wieder an und der plötzliche Anstieg des VIX war jäh vorbei. In der ersten Septemberwoche kam es zu einem ähnlichen Rückgang. Dieser löste allerdings ein verstärktes Kaufinteresse seitens der Anleger aus: Sie nutzten die Gelegenheit, um die Aktienbestände zu günstigen Preisen aufzustocken.
In den ersten drei Quartalen des Jahres konnte der S&P 500 die beste Performance seit Ende der 1990er Jahre verbuchen. Wenn er diese Gewinne bis zum Jahresende halten kann, wäre es das zweite Jahr in Folge, in dem der Index um mindestens 20 Prozent zulegt. Das wäre das erste Mal seit 1998.
Nur wenige Schwachstellen beim Bullenmarkt
Wenn Experten die akuelle Situation mit traditionellen Bullenmärkten vergleichen, erkennen sie folgende Muster:
Traditionell ist es eine lockere Geldpolitik der US-Notenbank, die eine Rezession verhindern soll, die einen Bullenmarkt einleitet. Typischerweise sind fallende Anleiherenditen, eine Ausweitung der Geldmenge, zusätzliche fiskalische Anreize und ein schwächerer US-Dollar die Folge.
Der aktuelle Bullenmarkt unterscheidet sich von diesem bekannten Muster insofern, als dass die Federal Reserve bis vor kurzem eine vergleichsweise restriktive Geldpolitik verfolgte. Damit ist er der bisher einzige in der Nachkriegsgeschichte.
Obwohl der Bullenmarkt nun schon zwei Jahre andauert, erkennen einige Experten noch „viel Spielraum“ und dass er nur wenige Schwachstellen aufweist. Insbesondere die Langsamkeit auf dem Arbeitsmarkt könnte ein Faktor sein, der das Wachstum noch einige Zeit aufrechterhalten könnte. Das spricht für eine Fortsetzung der Aktienhausse.
In der letzten Zeit sind die Risiken allerdings deutlich gestiegen, warnen Beobachter des Marktes. Im historischen Vergleich sind US-Aktien derzeit ziemlich hoch bewertet. Sie nähern sich ihrem Höchststand von Ende 2021. Zudem nehmen die geopolitischen Spannungen zu. Insbesondere der jüngste Konflikt zwischen Israel und dem Iran ist es, der die Rohölpreise in die Höhe treibt und die Anleger verunsichert.
Bullenmärkte sterben fast immer aufgrund von Rezessionen
Historischen Daten kann man entnehmen, dass Bullenmärkte selten an einer Art Altersschwäche sterben. Vielmehr sich es externe Faktoren wie Rezessionen oder Änderungen der Geldpolitik, die sie beenden. Jeder Abschwung hatte seinen eigenen, spezifischen Auslöser. Fast immer waren es Rezessionen, die die Bullenmärkte im dritten Jahr beendeten. Ein anderes Beispiel ist der Bullenmarkt, der im Oktober 1966 begann. Er verdankte sein Ende der US-Notenbank, die ihre Geldpolitik verschärfte, um eine Inflationswelle zu bekämpfen.
Analysen zeigen, dass es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zwölf Bullenmärkte gab, die länger als zwei Jahre angehalten haben. Sieben davon erreichten sogar ein drittes Jahr. Das deutet darauf hin, dass gewisse Chancen für eine Fortsetzung des Marktwachstums vorhanden sind.
Drei Bedingungen für die Fortsetzung des Bullenmarkts
Optimistische Analysten gehen davon aus, dass der aktuelle Bullenmarkt in sein drittes Jahr gehen könnte. Dafür müssten allerdings drei Bedingungen erfüllt sein:
Erstens muss sich der disinflationäre Trend, der Ende 2022 begonnen hat, fortsetzen. Sollten Investoren Anzeichen einer steigenden Inflation erkennen, könnte dies die Märkte destabilisieren.
Zweitens muss die Fed für eine sanfte Landung der US-Wirtschaft sorgen. Dafür muss sie ein moderates, aber positives Wachstum sicherstellen und die Inflation auf ihr Ziel von zwei Prozent zurückführen. Käme es zu einer Rezession, würden die Aktienkurse wahrscheinlich massiv einbrechen.
Drittens müssen die großen US-Konzerne ihre Gewinne weiter erhöhen. Da sind insbesondere die „Magnificent Seven“ gefragt, die hoffentlich auch weiterhin stark vom Aufschwung der künstlichen Intelligenz profitieren. Das Wachstum dürfte sich allerdings ab Ende des Jahres verlangsamen.
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