Blue Economy – Investment ins Meer
Das Meer. Es ist Urlaubsziel, Sehnsuchtsort und auch Wirtschaftsraum. „Blue Economy“ lautet das Schlagwort. Immer öfter steht sie im Fokus von Investoren. Geldanlage gepaart mit Meeresschutz – passt das wirklich zusammen?
Küsten schützen das Klima
Küsten sind natürliche Klimaschützer. Salzwiesen, Seegraswiesen und Mangrovenwälder sind in der Lage, weltweit jährlich bis zu 216 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen und zu speichern.
Das ergaben Forschungen des Öko-Instituts und des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung, die im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt wurden. Gegenstand der Untersuchungen waren die Bedeutung von Küstenökosystemen für den globalen Klimaschutz. Dass sie CO2 speichern und deshalb eine wichtige Funktion erfüllen, ist bereits länger bekannt. Doch Küstenökosysteme können noch weitaus mehr. Für die allermeisten Meerestiere sind sie ein extrem wichtiger Lebensraum, da ihre Fortpflanzung dort stattfindet und der Fortbestand dieser Arten davon abhängt. Aber auch für die Filterung des Wassers sind sie ungemein wichtig. Sie sorgen für eine gute Wasserqualität und sind als Lebensraum durch nichts zu ersetzen.
Das Meer als Investmentbereich
Die Bedeutung der Meere für das Leben der Menschen, deren Ernährung und damit auch für die Weltwirtschaft haben inzwischen auch Finanzinvestoren erkannt. „Blue Economy“ nennt sich dieses neue Investitionsfeld. So hat beispielsweise die DWS, die Vermögensverwaltungstochter der Deutschen Bank, eigens einen Blue Economy Fonds aufgelegt. Er investiert vor allem in Unternehmen, die ihr Geld mit der maritimen Wirtschaft verdienen. Der Schutz der Meere hat zumindest laut Zielbeschreibung des Fonds eine sehr hohe Priorität. Der Fokus dieses Fonds liegt auf Unternehmen, die Teil der Blue Economy sind, also im Meer wirtschaften, und die über Verbesserungspotenzial verfügen. Die DWS tritt selektiv mit entsprechenden Unternehmen in Kontakt und ist bestrebt, sie dazu zu verpflichten, den jeweils eigenen potenziellen negativen Einfluss zu reduzieren.
WWF berät Fondsmanager
Man könnte meinen, eine Umweltschutzorganisation hätte an der Idee mitgearbeitet. Und genaugenommen ist das auch der Fall: Die Finanzprofis beraten gemeinsam mit dem WWF Deutschland, welche Unternehmen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten in den Fonds aufgenommen werden sollten. Auf den ersten Blick erscheint es erstaunlich, dass ausgerechnet Royal Caribbean Cruises, der zweitgrößte Player auf dem Kreuzfahrtmarkt, im Fonds enthalten ist. Die monströsen Schiffe, die in Größe und Ressourcenverbrauch schwimmenden Kleinstädten gleichen, zählen doch eigentlich zu den größten Umweltverschmutzern der Meere im touristischen Bereich. Bei der DWS denkt man, dass es deshalb umso wichtiger ist, sich genau da zu engagieren. Da die Kreuzfahrtindustrie sehr stark wächst, hat sie natürlich einen großen Einfluss auf das Ökosystem Meer. Ein Beispiel dafür sind die Emissionen, denn auch Kreuzfahrtschiffe fahren größtenteils noch mit Schweröl.
Umweltsünder im nachhaltigen Fonds
Alle Unternehmen, in die der Fonds investiert, müssen vorab einen Fragebogen ausfüllen. Darin werden bestimmte Eckdaten, wie zum Beispiel auch Klimaschutzziele erfragt und es werden konkrete Ziele vereinbart. Die Idee ist also, die einzelnen Unternehmen im Dialog zu positiven Veränderungen in Sachen Umweltschutz zu motivieren. Fraglich ist allerdings, ob sich ein Weltkonzern wie Royal Caribbean, der über eine Marktkapitalisierung von gut 40 Milliarden US-Dollar verfügt, von einem deutschen Fonds, der nicht einmal 300 Millionen Euro Kundengelder verwaltet, beeinflussen lässt.
Politik macht Vorgaben
Unbestritten ist, dass politische Institutionen, wie die EU, mehr Umweltschutz in den Meeren fordern. Und die Unternehmen, deren Wirtschaftsgrundlage die Ozeane sind, müssen darauf reagieren. 2020 trat eine Verordnung der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation in Kraft, nach der Seeschiffe den Ausstoß von Schwefeldioxid um 85 Prozent verringern müssen.
Es tut sich also etwas in Sachen nachhaltiges Wirtschaften auf den Meeren, und zwar auf diversen Ebenen. Neben vielen Organisationen verfolgen neuerdings eben auch Finanzinvestoren das Ziel, die Meere zu schützen. Leider ist die Umsetzung in der Realität deutlich schwieriger als auf dem Papier.
Können Innovationen die Meere schützen?
Neben Auflagen zur Vermeidung schädlicher Emissionen können auch Innovationen und technischer Fortschritt zum Schutz der Meere beitragen. Im Zusammenhang mit dem Küstenschutz könnte das dann so aussehen: Die Stadt Miami ist regelmäßig von Überflutungen betroffen. Sturmfluten und Springfluten sind wiederkehrende Phänomene. Es wurden bereits dreistellige Millionenbeträge in Pumpsysteme investiert, die dafür sorgen, dass das Wasser umgehend abgepumpt wird. Doch der Investitionsbedarf in diesem Bereich steigt weiter. Der Blue Economy Fonds der DWS investiert beispielsweise auch in die Unternehmen, die diese Pumpen herstellen und die dann davon profitieren.
Hälfte der Küstenökosysteme bereits verloren
Der technische Fortschritt und der steigende Konsum des Menschen haben in der Vergangenheit maßgeblich zur Zerstörung der Meeresökosysteme beigetragen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass wir in den letzten hundert Jahren rund 50 Prozent der wichtigen Küstenökosysteme verloren haben. Auch heute noch zählen Infrastrukturmaßnahmen, der Bau von Häfen sowie Aquakulturen zu den größten Gefahren für diese Gebiete. Der Eintrag von Nährstoffen aus landwirtschaftlichen Flächen, die über Flüsse in die Meere gelangen, ist ein weiteres Problem, da dadurch das Algenwachstum verstärkt wird. Und auch der Fischfang mit Schleppnetzen zerstört empfindliche Ökosysteme, wenn diese Netze über den Meeresboden schrammen.
Ruhezonen wären dringend erforderlich
Der beste Schutz für die Meere wären absolute Ruhezonen. Derzeit sind gerade mal zwei Prozent der Weltmeere vor Fischerei und anderen Eingriffen geschützt. Diese Zonen müssten nach Ansicht der Wissenschaft ausgeweitet werden, damit sich der Meeresboden regenerieren kann und die Ökosysteme erhalten bleiben. Doch da sich mit solchen Ruhe- und Schutzzonen derzeit noch kein Geld verdienen lässt, sind Blue Economy Investments und damit verbundene Anreize für den Moment ein sinnvoller Weg.
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