Boeing steckt tief in der Krise: Sechster Jahresverlust in Folge

Der US-Flugzeugbauer Boeing kämpft weiter mit massiven finanziellen Einbußen. Probleme mit der Qualitätssicherung, Schwierigkeiten bei Zulieferern und hohe Kosten durch Streiks haben den Konzern erneut tief in die Verlustzone gedrückt. Der europäische Konkurrent Airbus zieht derweil weiter davon.
Milliardenverluste und enttäuschende Umsätze
Boeing verzeichnet im vierten Quartal des vergangenen Geschäftsjahres einen Verlust von rund vier Milliarden US-Dollar. Damit bleibt der Quartalsumsatz mit 15,2 Milliarden US-Dollar deutlich hinter den Erwartungen der Analysten, die mit 16,3 Milliarden gerechnet hatten. Die Situation ist besonders alarmierend, da bereits in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 Verluste in Höhe von acht Milliarden US-Dollar angefallen waren. Damit könnte das Jahresminus an die Rekordverluste von 2020 heranreichen, als Boeing infolge der Corona-Pandemie zwölf Milliarden US-Dollar verlor. Der Flugzeugbauer schreibt damit im sechsten Jahr in Folge rote Zahlen.
Vielschichtige Ursachen der Krise
Die Liste der Probleme ist lang. Neben den direkten Kosten eines mehr als 50 Tage andauernden Streiks in zwei wichtigen Werken hat Boeing mit höheren Aufwendungen für einen neuen Tarifvertrag sowie erheblichen Mehrausgaben für militärische Großprojekte zu kämpfen. Besonders betroffen sind das neue Tankflugzeug-Programm sowie die Entwicklung der nächsten „Air Force One“. Beide Programme gestalten sich teurer als ursprünglich kalkuliert, da Boeing feste Preise zugesichert hatte und dadurch keine zusätzlichen Kosten an Kunden weitergeben kann.
Noch schwerer wiegen jedoch die anhaltenden Qualitätsprobleme. Nach dem spektakulären Vorfall im Januar 2024, als während eines Fluges ein türgroßes Rumpfteil aus einer Boeing 737 MAX herausbrach, reagierten die Behörden mit verschärften Kontrollen. Die US-Luftfahrtbehörde FAA untersagte Boeing die geplante Produktionssteigerung dieser Modellreihe. Untersuchungen deckten erhebliche Mängel in der Fertigung und Qualitätskontrolle auf. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf bestehende Bestellungen, sondern auch auf das Vertrauen der Airlines und Investoren.
Boeing-Chef sieht kurzfristige Herausforderungen
Kelly Ortberg, der im August 2024 die Leitung des Unternehmens übernahm, gibt sich dennoch zuversichtlich. Er spricht von „kurzfristigen Herausforderungen“ und verweist auf Maßnahmen zur Stabilisierung des Geschäfts. Dazu zählt unter anderem die Einigung mit Gewerkschaften im November, die eine Wiederaufnahme der Produktion von Boeing 737, 767 und 777 ermöglichte. Zudem konnte das Unternehmen über 20 Milliarden US-Dollar an frischem Kapital aufnehmen, um die Liquidität zu sichern.
Dennoch steckt Boeing tief im Krisenmodus. Bereits 2019 erschütterten zwei Abstürze der Boeing 737 MAX das Vertrauen in das Unternehmen. Es wurde bekannt, dass der Konzern bei der Zulassung der Modellreihe Mängel verschwiegen und die Aufsichtsbehörden in die Irre geführt hatte. Nach den Flugverboten folgte die Corona-Pandemie, die das Geschäft zusätzlich schwächte. Der jüngste Zwischenfall in einer Boeing 737 MAX und die anhaltenden Produktionsprobleme setzen dem Unternehmen weiter zu.
Airbus als klarer Gewinner
Während Boeing mit seinen internen und externen Herausforderungen kämpft, hat sich der europäische Konkurrent Airbus klar an die Spitze gesetzt. Boeing lieferte im Jahr 2024 lediglich 348 Passagier– und Frachtflugzeuge aus – weniger als die Hälfte der 766 Maschinen, die Airbus an seine Kunden übergab. Die Differenz zwischen den beiden Luftfahrtriesen wächst damit weiter.
Ob man den Turnaround schaffen kann, bleibt fraglich. Die nächsten Monate werden entscheidend sein, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und die Produktion wieder auf stabile Beine zu stellen.
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