Oxfam: Superreiche immer reicher = soziale Ungleichheit?

Reichtumsexplosion und zunehmende Armut
Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst weltweit in rasantem Tempo. Laut einem aktuellen Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam, der anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht wurde, haben die Superreichen ihr Vermögen im vergangenen Jahr dramatisch vermehrt. So ist die Zahl der Milliardäre global um 204 gestiegen, während das Gesamtvermögen dieser Gruppe von 13 auf 15 Billionen US-Dollar anwuchs. Gleichzeitig müssen immer mehr Menschen Hunger leiden – 733 Millionen weltweit, ein Anstieg um 152 Millionen gegenüber 2019.
Besonders drastisch ist das Wachstum bei den zehn reichsten Milliardären, deren Vermögen im Schnitt um 100 Millionen US-Dollar pro Tag wuchs. Im Gegensatz dazu stagniert die Zahl der Menschen, die von weniger als 6,85 US-Dollar pro Tag leben müssen, seit Jahrzehnten und umfasst mittlerweile rund 3,6 Milliarden Menschen.
Superreiche in Deutschland: Mehr Erben als Unternehmer
Auch in Deutschland setzt sich der Trend der steigenden Vermögenskonzentration fort. 2024 vermehrte sich das Gesamtvermögen der deutschen Milliardäre um 26,8 Milliarden US-Dollar auf 625,4 Milliarden US-Dollar. Neun neue Milliardäre kamen hinzu, wodurch sich ihre Gesamtzahl auf 130 erhöhte. Damit liegt Deutschland international auf Rang vier hinter den USA, China und Indien.
Ein auffälliger Unterschied zu anderen Ländern: In Deutschland stammt der überwiegende Teil des Reichtums aus Erbschaften. Während weltweit etwa 36 Prozent des Milliardärsvermögens geerbt wurden, sind es hierzulande sogar 71 Prozent. Oxfam-Experte Manuel Schmitt kritisiert: „Superreiche zahlen in Deutschland oft weniger Steuern als Mittelschichtsfamilien. Die extreme Ungleichheit entsteht auch durch eine ungerechte Steuerpolitik.“
Strukturelle Ungleichheit als Gefahr für die Demokratie
Oxfam warnt vor den gesellschaftlichen Folgen der wachsenden Vermögenskonzentration. Die Organisation argumentiert, dass Superreiche gezielt bestehende Strukturen stabil halten, um ihre finanziellen Vorteile zu sichern. „Die wirtschaftlich starken Länder des Globalen Nordens bestimmen weiterhin die Regeln, von denen ihre Konzerne profitieren“, heißt es im Bericht. Die Hilfsorganisation sieht darin eine Fortführung kolonialer Wirtschaftsstrukturen.
Serap Altinisik, Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland, betont die politische Dimension des Problems: „Reichtum geht Hand in Hand mit politischer Macht. Das zeigt sich aktuell bei der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump, der von Tech-Milliardären wie Elon Musk unterstützt wird.“ Gleichzeitig gebe es kaum Fortschritte bei der Bekämpfung der weltweiten Armut.
Tech-Milliardäre dominieren Forbes-Liste
Die Superreichen sind vor allem in der Technologiebranche angesiedelt. Laut der von Oxfam herangezogenen Forbes-Liste dominieren US-Tech-Unternehmer die Spitze der Milliardärsrangliste. Zu den zehn reichsten Menschen zählen unter anderem Jeff Bezos (Amazon), Mark Zuckerberg (Meta), Larry Ellison (Oracle), Bill Gates und Steve Ballmer (beide Microsoft) sowie Larry Page (Google). Der reichste Deutsche ist Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne.
Oxfam kritisiert den wachsenden Einfluss der Superreichen auf die Gesetzgebung, insbesondere im Steuerbereich. In den vergangenen Jahrzehnten seien Unternehmenssteuern gesenkt, Kapitalerträge kaum besteuert und Vermögenssteuern vielfach abgeschafft worden. „Zwischen 1990 und 2017 hat sich die Zahl der Länder mit Mehrwertsteuer von 50 auf 150 verdreifacht, während die Zahl der Länder mit einer Netto-Vermögenssteuer von zwölf auf vier gesunken ist“, heißt es in der Studie.
Ungleichheit als systemische Herausforderung
Der Oxfam-Bericht unterstreicht, dass die ungleiche Vermögensverteilung nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische und gesellschaftliche Folgen hat. Die wirtschaftlichen Eliten haben nicht nur ökonomischen, sondern auch politischen Einfluss, der soziale Ungleichheit weiter verfestigt. Die Forderung nach einer gerechteren Steuerpolitik wird angesichts dieser Entwicklungen immer lauter.
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